Auschwitz, 8. Januar 1943

Mit Funkspruch vom 4.1.43 hat der Chef des Amtes D III mitgeteilt, daß die Lagersperre für das KL Auschwitz nach wie vor bestehen bleibt. Die Weihnachten befohlene Urlaubslockerung kann unter Einschaltung sämtlicher Vorsichtsmaßregeln versuchsweise weiter eingehalten werden. Im persönlichen Interesse sämtlicher SS-Angehörigen schließe ich mich dieser Beurteilung an, indem ich aber gleichzeitig nachdrücklich befehle, daß
auch in Zukunft genau wie gelegentlich des Weihnachtswochenendurlaubes sämtliche Wochenendurlauber vor Antritt ihrer Wochenendurlaubsreise entlaust und entwest werden.
Sollten hierbei Unregelmäßigkeiten festgestellt werden und sollte erkannt werden, daß irgendwelche Einheiten diese Vorschriften nicht praktisch durchführen, sondern daß diese nur papiermäßig und der Form wegen, wie dieses augenscheinlich in der Vergangenheit vorgekommen ist, auf dem Urlaubsschein vermerkt werden, so werde ich die Sperre sofort in vollem Umfange erneut verhängen und Anordnungen treffen, daß kein SS-Angehöri-
ger, weder Führer, Unterführer noch Mann, das Lager verläßt. Der Klarheit wegen führe ich die in Frage kommenden, zu erfüllenden Formalitäten bezüglich der angeordneten hygienischen Maßnahmen nochmals wie folgt auf:

1. Jeder Urlauber ist vor Antritt seiner Reise mit allen Gegenständen, die er mit auf die Reise nimmt, im Einzelverfahren zu entwesen und zu entlausen.

2. Die Durchführung der Entlausung und Entwesung erfolgt in der Truppensauna Birkenau. Nach Entwesung und Entlausung wird die Durchführung vom diensthabenden Desinfektor auf dem Urlaubschein bestätigt. Dazu ist von der Kompanie folgender Text in der linken oberen Ecke des Urlaubscheines anzubringen:
Körperentlausung
Entwesung der Bekleidungsgegenstände und ... Stück Gepäck am ... 43 durch ... erfolgt.

3. Danach verläßt der SS-Angehörige sofort den Lagerbereich, ohne seine Unterkunft noch einmal betreten zu haben und ohne anderes Gepäck mitzuführen als das der Entwesung unterzogene.

4. Bis zum Abgang des Zuges dürfen sich die SS-Angehörigen nur in einem für die Urlauber bestimmten Zimmer des Hauses der Waffen-SS aufhalten. Das Zimmer für die Urlauber ist für alle übrigen SS-Angehörigen und für sämtliche Zivilpersonen zu sperren.

5. Im Haus der Waffen-SS erfolgt durch den Truppenarzt Gegenzeichnung des Urlaubscheines.

6. Der Posten an der Bahnsperre ist anzuweisen, daß ohne Unterschrift des Arztes kein SS-Angehöriger (auch kein SS-Führer) die Urlaubsreise antreten darf.

7. Vor dem Urlauberzimmer des Hauses der Waffen-SS ist ein Posten aufzustellen, der überwacht, daß nur bereits entlauste und entweste SS-Angehörige das Urlauberzimmer betreten und diese bis zum Abgang des Zuges nicht mehr verlassen.

8. Im Falle einer Erkrankung während des Urlaubs hat sich der erkrankte SS-Angehörige sofort in Behandlung des nächsten SS- bzw. Wehrmachtlazarettes, nicht aber in Behandlung eines Zivilarztes zu begeben.

9. Die Wochenendurlauber sind dem Truppenarzt listenmäßig 24 Stunden vor Urlaubsantritt zu nennen.
Der Führer des SS-T-Sturmbannes und sämtliche Einheitsführer sind mir für die genaueste Durchführung dieser Anordnunge persönlich verantwortlich. Sollten sich irgendwelche Schwierigkeiten bei der Durchführung der befohlenen Maßnahmen ergeben, so ist es richtiger, notfalls die gesamte Truppe hier zurückzubehalten, als irgendwelche SS-Männer auf Urlaub zu schicken, die unter Umständen die Grundlage dafür sein können,
daß große Teile der Zivilbevölkerung hinsichtlich ihrer Gesundheit in Gefahr gebracht werden. Ich habe dem Hauptsanitätsamt gegenüber bezüglich der hygienischen Maßnahmen bei zukünftigen Wochenendbeurlaubungen die Verantwortung gemeinschaftlich mit dem Standortarzt übernommen, weil ich Verständnis für die Wünsche meiner SS-Männer habe.
Ich werde aber rücksichtslos und unerbittlich zukünftig das gesamte Lager hermetisch absperren, wenn ich irgendwelche Verstöße gegen die vorstehend aufgeführten Anordnungen feststelle. Wochenendbeurlaubungen müssen selbstverständlich in Übereinstimmung mit den Allgemeinen Heeres-Mitteilungen erfolgen, d.h., daß Unverheiratete 1 mal im Monat und Verheiratete, sofern sie die Möglichkeit haben, ihre Familie zu besuchen, 2 mal im Monat in Wochenendurlaub fahren dürfen.

Der Standortälteste
gez. Höß
SS-Obersturmbannführer und Kommandant

F.d.R.
a.B. [Mulka
SS-Hauptsturmführer und Adjutant