12. März 1938
Aus dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda in Berlin verlas heute mittag Minister Doktor Göbels folgende Botschaft des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler:
Deutsche! Mit tiefem Schmerz haben wir seit Jahren das Schicksal unserer Volksgenossen in Österreich erlebt. Eine ewige geschichtliche Verbundenheit, die erst durch das Jahr 1866 gelöst wurde, im Weltkrieg aber eine neue Besiegelung erfuhr, fügt Österreich seit jeher in die deutsche Volks- und Schicksalsgemeinschaft. Das Leid, das diesem Lande erst von Außen und dann im Innern zugefügt wurde, empfanden wir als unser eigenes, so wie wir umgekehrt wissen, daß für Millionen Deutschösterreicher das Unglück des Reiches die Ursache der gleichen Besorgnis und Teilnahme war.
Als in Deutschland die Nation dank dem Siege der nationalsozialistischen Idee wieder den Weg zum stolzen Selbstbewußtsein eines großen Volkes fand, begann in Österreich eine neue Leidenszeit bitterster Prüfungen. Ein Regime, dem jeder legale Auftrag fehlte, versuche seine von überwältigender Mehrheit des österreichischen Volkes abgelehnte Existenz durch brutalste Mittel des Terrors, der körperlichen und wirtschaftlichen Züchtigung und Vernichtung aufrecht zu erhalten. So konnten wie es als großes Volk erleben, daß mehr als sechs Millionen Menschen unserer eigenen Herkunft von einer ziffernmäßig kleinen Minorität unterdrückt wurden, die es einfach verstanden hatte, sich in den Besitz der hierzu notwendigen Machtmittel zu bringen. Der politischen Entrechtung und Knebelung entsprach ein wirtschaftlicher Zerfall, der in furchtbarem Gegensatz stand zur Blüte des neuen Lebens in Deutschland.
Wer konnte es diesen unglücklichen Volksgenossen verdenken, daß sie ihre Blicke sehnsüchtig nach dem Reiche richteten, nach jenem Deutschland, mit dem ihre Vorfahren durch so viele Jahrhunderte verbunden waren, mit dem sie selbst einst selbst im schwersten Krieg aller Zeiten Schulter an Schulter kämpften, dessen Kultur ihre Kultur war, zu der sie selbst auf so vielen Gebieten höchste eigene Werte beigesteuert hatten. Diese Gesinnung unterdrücken, hieß nichts anderes, als Hunderttausende von Menschen zu tiefstem Seelenleid zu verdammen. Allein, wenn vor Jahren dieses Leid noch geduldig ertragen wurde, dann war mit dem steigenden Ansehen des Reiches der Wille, die Unterdrückung zu beseitigen, immer heftiger geworden.
Deutsche! Ich habe in den letzten Jahren versucht, die früheren Machthaber in Österreich vor diesem ihren Wege zu warnen. Nur ein Wahnwitziger konnte glauben, durch Unterdrückung den Menschen die Liebe zu ihrem angestammten Volkstum auf die Dauer rauben zu können. Die europäische Geschichte beweist es, daß in solchen Fällen nur ein umso größerer Fanatismus gezüchtet wird. Dieser Fanatismus zwingt dann die Unterdrücker, zu immer schärferen Methoden der Vergewaltigung zu greifen und diese wieder steigern den Abscheu und den Haß der davon Betroffenen.
Ich habe weiter versucht, die dafür verantwortlichen Machthaber zu überzeugen, daß es auf die Dauer aber auch für eine große Nation unmöglich, weil unwürdig ist, fortgesetzt zusehen zu müssen, wie Menschen gleicher Volkszugehörigkeit nur wegen ihrer Abstammung oder ihres Bekenntnisses zu diesem Volkstum oder wegen ihrer Verbundenheit mit einer Idee unterdrückt, verfolgt und eingekerkert werden. Über 40.000 Flüchtlinge hat allein Deutschland bei sich aufnehmen müssen, 10.000 andere sind in diesem kleinen Lande durch die Gefängnisse, Kerker und Anhaltelager gewandert. Hunderttausende sind an den Bettelstab gebracht worden, sind verelendet und verarmt. Keine Nation der Welt würde auf die Dauer diese Zustände an der Grenze dulden können, außer sie verdiente es nicht anders, als selbst mißachtet zu werden.
Ich habe mich im Jahre 1936 bemüht, irgendeinen Weg zu finden, der die Aussicht bieten konnte, die Tragik des Schicksals dieses deutschen Bruderlandes zu mildern, um so vielleicht zu einer wirklichen Aussöhnung gelangen zu können. Das Abkommen vom 11. Juli wurde aber nur unterzeichnet, um im nächsten Augenblick schon wieder gebrochen zu werden. Die Rechtlosigkeit der überwiegenden Mehrheit war geblieben. Ihre unwürdige Stellung als Paria in diesem Staate wurde in nichts behoben. Wer sich zum deutschen Volkstum offen bekannte, blieb verfolgt, gleich ob er ein nationalsozialistischer Straßenarbeiter oder ein alter verdienstvoller Heerführer des Weltkrieges war.
Ich habe nun noch ein zweites Mal versucht, eine Verständigung herbeizuführen. Ich bemühte mich, dem Repräsentanten dieses Regimes, der mir selbst als dem vom deutschen Volke gewählten Führer ohne jede eigene Legitimation gegenüberstand, ich bemühte mich, ihm verständlich zu machen, daß dieser Zustand auf die Dauer unhaltbar sein würde, da die steigende Empörung des österreichischen Volkes nicht mit steigender Gewalt ewig niedergehalten werden könnte, daß von einem gewissen Augenblicke an es auch für das Reich untragbar sein würde, einer solchen Vergewaltigung noch lange stillschweigend zuzuschauen. Denn wenn heute schon koloniale Lösungen von Fragen des Selbstbestimmungsrechtes der davon betroffenen niederen Völkerschaften abhängig gemacht werden, dann ist es unerträglich, daß sechseinhalb Millionen Angehörige eines alten und großen Kulturvolkes durch die Art eines Regimes praktisch unter diesen Rechten gewertet werden. Ich wollte daher in einem neuen Abkommen erreichen, daß in diesem Lande allen Deutschen das gleiche Recht zugewiesen und die gleichen Pflichten auferlegt würden. Es sollte diese Abmachung eine Erfüllung sein des Vertrages vom 11. Juli 1936.
Wenige Wochen später mußten wir leider feststellen, daß die Männer der damaligen österreichischen Regierung nicht daran dachten, dieses Abkommen sinngemäß zu erfüllen. Um aber für ihre fortgesetzten Verletzungen der gleichen Rechte der österreichischen Deutschen sich ein Alibi zu verschaffen, wurde nun ein Volksbegehren ersonnen, das bestimmt war, die Mehrheit dieses Landes endgültig zu entrechten. Die Modalitäten dieses Vorganges sollten einmalig sein. Ein Land, das seit vielen Jahren überhaupt keine Wahlen gehabt hat, dem alle Unterlagen für die Erfassung der Wahlberechtigten fehlten, schreibt eine Wahl aus, die innerhalb von knappen dreieinhalb Tagen stattfinden soll. Es gibt keine Wählerlisten, es gibt keine Wahlkarte, es gibt keine Einsichtnahme in die Wahlberechtigung, es gibt keine Verpflichtung zur Geheimhaltung des Wahlaktes, es gibt keine Sicherung für die Auszählung der Stimmen usw.
Wenn dies die Methoden sind, um einem Regime eine Garantie der Legalität zu geben, dann waren wir Nationalsozialisten im Deutschen Reich fünfzehn Jahre lang nur Narren gewesen. Durch hundert Wahlkämpfe sind wir gegangen und haben uns mühselig die Zustimmung des deutschen Volkes erobert. Als mich der verewigte Herr Reichspräsident endlich zur Regierung rief, war ich der Führer der weitaus stärksten Partei im Reiche. Ich habe seither immer wieder versucht, mir die Legalität meines Daseins und meines Handelns vom deutschen Volke bestätigen zu lassen und sie wurde mir bestätigt. Wenn dies aber die richtigen Methoden sind, die Herr Schuschnigg anwenden wollte, dann war auch die Abstimmung im Saargebiet nur eine Schikane eines Volkes, dem man die Heimkehr in das Reich erschweren wollte. Wir sind hier aber einer anderen Meinung. Ich glaube, wir dürfen alle stolz darauf sein, daß wir gerade auch anläßlich dieser Abstimmung im Saargebiet in so unanfechtbarer Weise vom deutschen Volk das Vertrauen erhalten haben.
Gegen diesen einzig dastehenden Versuch eines Wahlbetruges hat sich endlich das deutsche Volk in Österreich selbst erhoben. Wenn aber diesesmal das Regime es nun wieder beabsichtigte, mit brachialen Mitteln die Protestbewegung einfach niederzuschlagen, dann konnte das Ergebnis nur ein neuer Bürgerkrieg sein. Das Deutsche Reich duldet es aber nicht, daß in diesem Gebiet von jetzt an noch Deutsche verfolgt werden wegen ihrer Zugehörigkeit zu unserer Nation oder ihrem Bekenntnis zu bestimmten Auffassungen. Es will Ruhe und Ordnung.
Ich habe mich daher entschlossen, den Millionen Deutschen in Österreich nunmehr die Hilfe des Reiches zur Verfügung zu stellen. Seit heute früh marschieren über alle Grenzen Deutschösterreichs die Soldaten der deutschen Wehrmacht, Panzertruppen, Infanteriedivisionen und SS-Verbände auf der Erde und die deutsche Luftwaffe im blauen Himmel werden, selbst gerufen von der neuen nationalsozialistischen Regierung in Wien, der Garant dafür sein, daß dem österreichischen Volke nunmehr endlich in kürzester Frist die Möglichkeit geboten werde, durch eine wirkliche Volksabstimmung seine Zukunft und damit sein Schicksal selbst zu gestalten.
Hinter diesen Verbänden aber steht der Wille und die Entschlossenheit der ganzen deutschen Nation. Ich selbst als Führer und Kanzler des deutschen Volkes werde glücklich sein, nunmehr wieder als Deutscher und freier Bürger jenes Land betreten zu können, das auch meine Heimat ist.
Die Welt soll sich überzeugen, daß das deutsche Volk in Österreich in diesen Tagen Stunden seligster Freude und Ergriffenheit erlebt. Es sieht in den zu Hilfe gekommenen Brüdern die Retter aus tiefster Not.
Es lebe das nationalsozialistische Deutsche Reich, es lebe das nationalsozialistische Deutschösterreich.