SS-Oberscharführer

* 17.10.1904 in Langenau (Kietrz)
† 23.08.1988 in Leiferde (
Braunschweig)

Reichsdeutscher

zuletzt wohnhaft in Braunschweig, Goslarsche Straße 90

Zwei Männer taten sich beim Morden hervor: zum einen der SS-Sanitäter Josef Klehr, ein Buchhaltertyp, der kranken oder aufsässigen Häftlingen Phenol ins Herz spritzte. «Klehr mordete mit der Nadel mit gewaltigem Eifer», «mit irrem Blick und sadistischem Lächeln. Nach jeder Tötung eines Opfers machte er einen Strich an die Wand. Die Liste der von ihm Getöteten umfasste mehr als vierzehntausend, und dafür rühmte er sich täglich mit grosser Zufriedenheit, wie ein Jäger, der nach der Jagd von seinen Trophäen erzählt.»

verheiratet mit Klehr Frieda, drei Kinder

Sohn eines Erziehers der Erziehungsanstalt Wehlau

Besuch der Volksschule in Wohlau

Lehre als Tischler in Wohlau (1921 Gesellenprüfung)
(bis 1934 arbeitete er als Tischlergeselle)

ab 12.01.1931
Mitglied der NSDAP (Mitglieds Nu. 817 508)

ab 00.01.1932
Mitglied der Allgemeinen SS (Mitglieds Nu. 54 061)
(Dienst in der 2/70 Sta.)

20.12.1933
Hochzeit mit Klehr Frieda (* 11.08.1913)
2 Söhne (Juni 1934 u. August 1936)
1 Tochter (April 1938)

Ende 1934
vergeblicher Versuch, als Erzieher in der Erziehungsanstalt Wehlau, in der sein Vater tätig war, unterzukommen

1934
"Pfleger" in der Heil- und Pflegeanstalt in Leubus

1938
Hilfswachtmeister im Zuchthaus Wehlau

August 1939
zur Waffen-SS eingezogen (Wachmannschaft des KL
Buchenwald)

1940
als SS-Sanitäter (SDG) ins KL
Dachau versetzt
(Häftlingskrankenbau u. SS-Revier)

29.01.1941
Beförderung zum SS-Unterscharführer (Allgemeine SS)

30.01.1941
Beförderung zum SS-Unterscharführer

ab 16.09.1941 SDG im KL
Auschwitz
Häftlingskrankenbau (HKB) des Stammlagers
Besonders bedrohlich werden von den Häftlingen die Männer des SDG, vor allem jene des so genannten „Desinfektionskommandos“ unter der Leitung von SS-Oberscharführer Josef Klehr empfunden, die auch für die Ermordungen mit dem Giftgas Zyklon B zuständig sind.

Klehr war berüchtigt für sein "Abspritzen" (Mord durch
Phenol-Injektion in den Herzmuskel) von Gefangenen

SDG im NL Kobiór (
Kobier)

29.08.1942
Sonderbehandlung
Der Lagerarzt im KL Auschwitz, Doktor Entress, Scherpe und Klehr haben am 29.08.]] 1942 im Block 20 746 Häftlinge zur Vergasung ausgesondert (Bericht) und die Räumung des Blocks und das Verladen der Häftlinge auf Lastwagen überwacht und in den Gaskammern töten lassen.

11.09.1942
Am
11. September 1942 erschlägt der SS-Oberscharführer Josef Klehr den am 20.06.1908 in Amsterdam geborenen Häftlling Kohen Heimann Häftlingsnummer 52425 auf dem Flur von Block 20 im Auschwitz I mit einem Schürhaken. Er befahl, Häftlingen den Körper in die Leichenhalle im Keller des Blocks 28 zu bringen, und ordnete an, auf die Sterbeurkunde Kohens, natürliche Todesursache einzutragen.

24.10.1942
Tagebucheintrag SS-Obersturmführer Kremer Hans (Paul) Dr. Dr.
6 Frauen von der Budyer Revolte abgeimpft (Am 24.10.1942 erhielt Kremer vom Standortarzt die Anweisung, den SS-Sanitätsdienstgrad Klehr im Block 20 aufzusuchen. Beim Eintreffen Kremers befand sich Klehr zusammen mit einem weiblichen Häftling im Zimmer. Klehr tat so, als ob er die Frau auf eine Herzkrankheit hin untersuchen würde. Er hatte sich, um vorzutäuschen er sei Arzt, eigens einen Arztkittel angezogen. Er erklärte der Ahnungslosen, sie müsse eine Spritze haben. Er brachte ihr sodann eine Phenolinjektion in das Herz bei, die den sofortigen Tod der Frau zur Folge hatte. Klehr hat dann noch fünf weitere Frauen auf die gleiche Weise getötet. Bei den Getöteten handelte es sich um Teilnehmerinnen an einer Revolte im Frauenstraflager Budy, die wegen dieses Verhaltens getötet werden sollten.)

02.01.1943
Beförderung zum SS-Oberscharführer

15.01.1943
am 15. Januar 1943 wird der aus Apolda stammende Prager Heinz in Auschwitz mit einer Phenolspritze durch den SS-Oberscharführer Josef Klehr ermordet.

20.04.1943
mit dem Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet

Auschwitz, 22. Juli 1943
Standortbefehl Nr. 29/43
Besuch der Ehefrau vom 22.7.-8.8.43
Wohnung: Neuberun bei Farn. Malisch.

ab Juli 1944
Leiter des Häftlingskrankenbaus im NL
Gleiwitz I
(nahm an Selektionen und Massenvergasungen teil)

Im Rahmen der Evakuierung des KL Auschwitz, zwischen dem 17. Januar und dem 23. Januar 1945, bewachte Klehr eine Häftlingskolonne und begleitete diese in das KL Groß-Rosen. Dort wurde er einem SS-Kampfverband angeschlossen und kam gegen Kriegsende über die Tschechoslowakei nach Österreich.

Orden, Ehrenzeichen und Medaillen
Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern (20.04.1943)

Mai 1945 amerikanische Gefangenschaft
Kriegsgefangenenlager Böblingen (von einem Lagergericht wegen Zugehörigkeit zur SS zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt)

März 1948
aus dem Arbeitslager nach Braunschweig entlassen (seine Familie lebte in Braunschweig)

September 1960
erneute Verhaftung (Untersuchungshaft seit September 1960)

20.08.1965
vom LG Frankfurt am Main im 1. Auschwitzprozess zu lebenslangem Zuchthaus und weiteren 15 Jahren Zuchthaus wegen Mordes in „allermindestens 475 Fällen“ und Beihilfe zum Mord in mehreren Tausend Fällen verurteilt. Zudem verlor er die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit. Josef Klehr saß in Butzbach ein.
Klehrs Schlußwort im Auschwitz-Prozeß:
»Ich habe in Auschwitz tiefes Mitleid mit den Opfern gehabt, ich mußte mich aber dem Befehl beugen.«

25.01.1988
die Strafvollstreckung wird wegen Vollzugsuntauglichkeit ausgesetzt

10.06.1988
der Strafrest wird zur Bewährung ausgesetzt
(Als der hochbetagte Strafgefangene Anfang 1988 wegen Vollzugsuntauglichkeit entlassen wurde, lebte er noch sieben Monate in Freiheit.)

Aussage Klehr Josef
Morgens gegen 1/2 9-9 Uhr erschien der Lagerarzt Dr. Entress in Block 28 (Ambulanzblock), in dem ich ihn schon erwartete. Ich meldete die Stärke und die Neuzugänge der Kranken. Nunmehr begab ich mich mit Dr. Entress in den Ambulanzraum, wo die zur Tötung bestimmten Häftlinge ausgesondert wurden. Die aussortierten Häftlinge wurden in den dem Ambulanzraum gegenüberliegenden Raum geschickt. Von irgendeinem Häftlingspfleger wurden sie sodann aus diesem Raum des Blocks 29 auf Block 20 geführt. Wenn man Block 20 betrat, befand sich gleich links das sogenannte kleine Ambulanzzimmer, in dem ich die Abspritzungen vornahm. Dahinter befand sich ein Raum, in den die Häftlinge zunächst geführt wurden. Die Häftlinge mußten sich ausziehen und wurden einzeln von dem Häftlingspfleger in den kleinen Ambulanzraum geführt. Der Häftling mußte sich dann auf einen Stuhl setzen. Ich tastete dann den Brustkorb des Häftlings ab, wo die Spritze eingeführt werden sollte, und führte dann die Injektionsnadel unmittelbar ins Herz ein. Etwa um 1/2 12 bis 3/4 12 hatte ich die Abspritzungen durchgeführt. Anschließend begab ich mich zum Mittagessen.

Aussage des ehemaligen Ausschwitz Häftlings Edward Pys
Er berichtet, dass er vom Fenster der Schreibstube des Spießes eines Tages LKWs mit etwa 200 Menschen zum Krematorium fahren sieht. Dann kommt das Kommando zum Herunterlassen der Rollos. Weil zur Mittagsstunde niemand anwesend ist, verschließt er die Tür zum Gang, lässt nur jene ins Nachbarzimmer offen, so dass er einen Hereinkommenden früh genug hören kann.
Er späht aus dem Fenster und sieht das „Desinfektionskommando“, d. h. Oberscharführer Klehr und die Unterscharführer Franke, Koch und Teuer auf dem Dach des Krematoriums. Sie haben Körbe mit Zyklon B-Büchsen dabei. Pys erkennt sie, weil solche Büchsen auch im SS-Revier gelagert werden. Bei jedem Kamin werden zwei bis drei Büchsen abgestellt. Die Männer setzen Gasmasken auf, legen eingezahntes Eisenwerkzeug auf die Büchsen, das Pys ebenfalls schon im Revier liegen gesehen hat und nicht zuordnen konnte, klopfen mit Hämmern die Büchsen auf und schütten den Inhalt dann in die Kamine. Nach kurzer Zeit ertönt markerschütterndes Geschrei, das
auch durch extra vorbeifahrende überlaute Motorräder nicht übertönt wird, ehe nach etwa vier Minuten Stille eintritt. Circa nach einer Viertelstunde wird die Entlüftung eingeschaltet.

Aussage des ehemaligen Ausschwitz Häftlingsschreiber Paczula über Klehrs Erscheinen morgens im Häftlingskrankenbau
Zunächst mußte sofort ein Häftling sein Motorrad putzen, mit dem er immer gefahren kam. Anschließend ging er zunächst ins Arztzimmer, ließ sich dort von einem Häftling die Stiefel ausziehen und die Füße waschen. Gleichzeitig mußte ihm ein weiterer Häftling die Fingernägel bürsten und polieren. Er saß dann in der Mitte des Zimmers, rauchte Pfeife, hatte die Füße in einem Kübel und ließ manchmal acht Häftlinge um sich herumtanzen, die ihm jeden Wunsch von den Augen abzulesen hatten.

Aussage des ehemaligen Ausschwitz Häftlings Hermann Langbein
Er beschreibt ihn in seiner Autobiographie als äußerst brutalen Menschen, dem das Töten von Häftlingen Spaß zu machen schien: „Ich habe keinen SS-Angehörigen kennengelernt, der das Gefühl seiner Macht so ausgekostet hat, wie dieser völlig ungebildete Mann. Bei Klehr konnte ich niemals eine menschliche Regung feststellen. Klehr konnte Menschen umbringen, wie der Schuster eine morsche Sohle vom Schuh reißt.“

Aussage des ehemaligen Ausschwitz Häftlings Amann Felix (Häftlings Nu. 78 581)
Da fuhr immer der Begleiter mit, der bei mir war. Aber Klehr kam meistens hin und hat sich überzeugt, daß es auch durchgeführt wurde. Und ich kann mich noch sehr gut entsinnen, als ich in Kobiór war, daß Klehr kam und wir mußten plötzlich abbrechen und mußten nach Auschwitz mit den Entlausungsmaschinen zurück. Und mein Begleiter, das war damals der Chaimies, der war gar nicht da, so daß ich sogar nachher mit dem Auto allein zurückgefahren bin nach Auschwitz, weil der in Kattowitz war. Klehr gab Anweisungen, wenn andere Lagerabschnitte, also zum Beispiel Außenlager wie Kobiór oder Jaworzno, Jawischowitz, wenn die entlaust werden sollten. Und dann kam er und sagte mir: Das Lager wird entlaust, morgen geht es da und da hin.

19.05.1942

Nach Aussage des ehemaligen "Häftlings" Pozimska Barbara (1. Frankfurter Auschwitz-Prozess 140. Verhandlungstag, 04.03.1965) wurde ihr Vater ( im Block 28) am 19.05.1942 Tag durch eine Phenolspritze vom SS-Oberscharführer Klehr Josef getötet wurde. Aussage: Mein Vetter mußte ihm selbst ein Kreuzchen machen an der Brust und eine Nummer – jeder bekam so eine Bezeichnung – und ihn dann in den Keller schaffen. Ich habe selbst die Karte gefunden, auf der stand, daß er an Herzlähmung gestorben sei. Alle diese Personen, die Phenolspritzen bekommen haben, wurden auf diese Weise bezeichnet. Als Ursache: Herzlähmung.

14.08.1942

SS-Oberscharführer Josef Klehr (SDG), fordert am 14.08.1942 von der Lagerapotheke im KL Auschwitz zwei Kilogramm Phenol an, das zur Tötung von Häftlingen durch Spritzen in das Herz verwendet werden soll.

Auschwitz-Prozess

Am 12. Verhandlungstag, dem 30. Januar 1964, gibt der gelernte Tischler, der von 1941 bis 1945 als Sanitätsdienstgrad im Häftlingskrankenbau des Stammlagers Auschwitz sowie zur Seuchenbekämpfung eingesetzt worden ist, zu Protokoll, dass er vom Lagerarzt Dr. Friedrich Entress Anfang 1942 aufgefordert worden sei, Häftlinge mittels Phenol zu töten.

"Ich habe ihn inständig gebeten, davon abzusehen", so Klehr vor Gericht, "
Dr. Entress drohte mir jedoch damit, mich an die Schwarze Wand zu stellen."

Während eines Zeitraums von zwei bis drei Monaten habe er wöchentlich zweimal zum Tode bestimmte Häftlinge totgespritzt. "Ich tötete jeweils zwölf bis 15 Menschen", sagt Klehr vor Gericht, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. "Insgesamt habe ich 250 bis 350 Häftlinge getötet."

Bis dahin haben Klehr wie auch seine Kollegen Hantl und Scherpe bestritten, selbst Häftlinge "abgespritzt" zu haben. Ein Begriff, den sich der Vorsitzende Richter bald verbittet. Auch will Klehr, Leiter des Desinfektions- und Vergasungskommandos, selbst niemals Zyklon B in einen Vergasungsraum eingeleitet haben - das Gas habe er nur für die Entwesung der Baracken gebraucht.

Geschlagen habe er nur selten, sagt er bei der richterlichen Vernehmung im Vorfeld des Prozesses. "Ich war eine solche Respektperson, dass ich im Allgemeinen gar nicht zu schlagen brauchte."

Im Laufe des Prozesses entpuppt sich Klehr als einer der schlimmsten Sadisten unter den Angeklagten. Der polnische Chirurg Dr. Tadeusz Paczula, Rapportschreiber im Häftlingskrankenbau des Stammlagers, ist nach Frankfurt gereist, um dies zu bezeugen. "Ich kann ihn nur ein Individuum nennen", sagt der 43-Jährige am 8. Mai 1964 vor Gericht.

Klehr habe selbstständig im Krankenbau selektiert und dabei seine Pfeife im Mund behalten. Am Heiligabend 1942 habe er 40 Menschen zum Tode verurteilt und sie schließlich mittels
Phenolinjektionen ins Herz eigenhändig hingerichtet.

Goslarsche Straße 90, Braunschweig


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