SS-Hauptsturmführer
* 21.01.1909 in Bad Godesberg
† 08.08.1997 in Bad Honnef
Korff (auch Korff-Schmising) ist der Name eines alten westfälischen Adelsgeschlechts. Die Familie, deren Zweige zum Teil bis heute bestehen, gehört zu den ältesten landsässigen Adelsfamilien im Münsterland.
Vater: Oberkirchenrat Graf von Korff Emanuel (1883–1945)
Mutter: von Korff Emma geb. Müller (1879–1964)
verheiratet mit Broeg Irmtraut * 16.01.1909
Kinder
Sigrid, Gräfin von Korff * 26.05.1938
Rüdiger, Graf von Korff * 20.02.1940
Roswitha, Gräfin von Korff * 07.05.1942
Studium der Rechtswissenschaften
ab 1928
Mitglied des Corps Saxonia Göttingen
1933
Eintritt in die NSDAP und die SS
1937 - 1939
Verwaltungsjurist in verschiedenen Landratsämtern und Regierungspräsidien
00.05.1940
Einberufung als Unteroffizier zur Wehrmacht im besetzten Frankreich
(Kriegsverwaltungsrat der Feldkommandantur in Rennes)
00.06.1942 - 00.05.1943
Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD (KdS) in Châlons-sur-Marne
1945
in der Uniform eines Leutnants der Wehrmacht von amerikanischen Truppen in Kärnten festgenommen und nach zweijähriger Internierungszeit den französischen Militärbehörden ausgeliefert
1947
Prozess (in Metz) Das Verfahren endete mit einem Freispruch.
Mitarbeiter im Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrates
Ministerialrat im Bundeswirtschaftsministerium
1974
Pensioniert
(Modest Graf von Korff beendete seine Berufskarriere als Ministerialrat im Bundeswirtschaftsministerium)
1988
in Bonn als NS-Tötungsverbrecher (Tatkomplex Schreibtischverbrechen) angeklagt. Verfahrensgegenstand war seine Mitwirkung an der Deportation von Juden aus dem Bereich der Sipo-Aussenstelle Chalons-sur-Marne durch Anordnung ihrer Verhaftung und Überstellung in das Haftlager Drancy, von wo sie ins Konzentrationslager Auschwitz verbracht wurden.
Von Korff hatte – vorgeblich im Glauben, dass es sich bei den Deportationszügen um einen Einsatz zu Straßenbauarbeiten handelte – auch Greise, Schwerkranke, Kinder und Säuglinge verschickt. Dies wertete der Staatsanwalt als Beweis, dass er das wahre Ziel, die Vernichtung in Auschwitz, gekannt haben musste. Aber auch in diesem Gerichtsprozess (Aktenzeichen LG Bonn 881117)[3] wurde von Korff freigesprochen. Nach Ansicht des Gerichts gelang es nicht, die für eine Mittäter- oder Beihilfenschaft des Holocausts notwendigen gerichtsverwertbaren Beweise zu erbringen. Die Urteilsverkündung führte zu Unmutsbekundungen von aus Paris angereisten Juden sowie Angehörigen von Opfern, die durch Modest Graf von Korff von Frankreich nach Auschwitz deportiert und dort vergast worden waren. Nach Revision der Staatsanwaltschaft wurde der Freispruch am 30. November 1990 durch den Bundesgerichtshof bestätigt (Aktenzeichen 2StR44/90).
25. November 1988, 7:00 Uhr
Mit Tumulten endete nach vierzehn Monaten vor dem Bonner Schwurgericht einer der letzten NS-Prozesse. „Assasin, Mörder“, rufen die aus Paris angreisten Juden, Angehörige jener 220 Opfer, die laut Anklage unter der Regie des angeklagten Modest Graf Korff in den Jahren 1942/43 von Frankreich nach Auschwitz deportiert und dort vergast wurden. Korff wurde gerade freigesprochen. „Nazigericht, Mörder“, kommt es immer wieder, einige ältere Leute im Saal weinen still vor sich hin, andere empören sich: „Ihr habt meine Familie kaputtgemacht und jetzt sprecht ihr ihn frei?“ Und immer wieder „Mörder“. Das Gericht verläßt den Saal. Als das Gericht nach zehn Minuten wiederkommt, werden die Zuschauer des Saals verwiesen, einige lassen sich schreiend heraustragen. Der Schwurgerichtsvorsitzende Martin Lickfett beginnt mit einer Klarstellung: „Es ist nicht unsere Aufgabe, die Vergangenheit zu bewältigen, sondern die Schuld eines einzigen Angeklagten zu prüfen.“ Und eine Schuld des Angeklagten im Sinne der Anklage habe der Prozeß nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit ergeben. Auch bei den scheußlichsten Verbrechen gelte der Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten.
In seinem Plädoyer hatte Staatsanwalt Rolf Holtfort dem 79jährigen Angeklagten vorgeworfen, bei den Deportationszügen auch Greise, Schwerkranke und Säuglinge verschickt zu haben – vorgeblich im Glauben, daß es sich um einen Einsatz bei Straßenbauarbeiten handelte. Die Unglaubwürdigkeit der Behauptung war Holtfort ein Beweis dafür, daß, der Angeklagte das wahre Ziel, nämlich die Vernichtung in Auschwitz, gekannt hat und damit der Beihilfe zum Mord überführt sei. Er forderte sechs Jahre Haft.
Der Prozeß gegen den ehemaligen SS-Hauptsturmführer und pensionierten Ministerialrat im Bundeswirtschaftsminsterium Modest Graf Korff begann im April 1985. Mit Korff waren ursprünglich drei andere ehemalige SS-Angehörige angeklagt: Dr. Walter Nehrich (75), ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Regierungsrat a. D., Dr. Richard Wilhelm Freise (73), ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Landesverwaltungsrat, sowie Rolf Bilarz (75), ebenfalls ehemaliger SS-Hauptsturmführer und Journalist. Das Verfahren gegen Nehrich, der für die Deportation von 523 Juden verantwortlich sein soll, mußte eingestellt werden, weil ihm ein Gutachten „irreversiblen Altersabbau“ bescheinigte. Freise hatte bereits im August 1983 Selbstmord begangen, in seinem Abschiedsbrief jedoch seine Unschuld beteuert. Bilarz, angeklagt wegen der Deportation von 388 Juden, starb einige Monate später. So blieb dem Gericht nur noch der frühere SS-Kommandant Graf Korff.
Korff war 1933 der nationalsozialistischen Partei beigetreten und wurde im Jahr 1940 als Unteroffizier zur Wehrmacht eingezogen. 1942 kam er als SS-Hauptsturmführer nach Chälons-sur-Marne, wo er Kommandeur des Sicherheitsdienstes wurde. Nach dem Krieg stellte ein französisches Militärgericht in Metz ein Verfahren gegen ihn ein, in dem Korff lediglich Übergriffe gegen die französische Résistance vorgeworfen worden waren. Im Entnazifizierungsverfahren wurde er als „nicht besonders Belasteter“ eingestuft. Korff trat zunächst in das damalige Bundesratsministerium ein und war später Ministerialrat im Bundeswirtschaftsministerium. Diese Angaben sind die einzigen, die der Angeklagte in den vierzehn Monaten machte. Sonst ließ er seine drei Verteidiger für sich sprechen: „Der Angeklagte bekennt sich im Sinne der Anklage für nichtschuldig.“
Verfahren Lfd.Nr.904
Tatkomplex: Schreibtischverbrechen
Angeklagte:
K., Modest Alfred Leonhard Graf von Freispruch
Gerichtsentscheidungen:
LG Bonn 881117
BGH 901130
Tatland: Frankreich
Tatort: Chalons-sur-Marne
Tatzeit: 4206-4305
Opfer: Juden
Nationalität: Französische, unbekannt (ausländische)
Dienststelle: Polizei Sipo Chalons-sur-Marne
Verfahrensgegenstand: Mitwirkung an der Deportation von Juden aus dem Bereich der Sipo-Aussenstelle Chalons-sur-Marne durch Anordnung ihrer Verhaftung und Überstellung in das Haftlager Drancy, von wo sie ins KL Auschwitz verbracht wurden