Auschwitz
Transportliste
Am 19. Juli 1944 um 15.00 Uhr, klopfte ein deutscher Offizier an der Tür des Bension Menase, ehemaliger Präsident der jüdischen Gemeinde von Rhodes, er habe eine Mitteilung des deutschen Kommandanten zu überbringen. Der Hinweis auf die Tatsache, dass er nicht mehr im Amt war, nahm der deutsche Offizier gegenüber Menase zur Kenntnis.
Jakow salem Franko, damaliger Vorsitzender der jüdischen Gemeinde:
Die Anordnung der Deutschen war kurz:
Jeder Jude über 16 Jahre habe sich am nächsten Morgen um 08:00 Uhr, vor dem deutschen Hauptquartier einzufinden.
Am nächsten Morgen versammelte sich die jüdische männliche Bevölkerung von Rhodos vor dem deutschen Hauptquartier in cesmelik. Nachdem sie gezählt und ihre Papiere beschlagnahmt worden waren, wurden die Männer im Keller des Gebäudes eingesperrt.
Yakov salem Franko Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, begleitet von einem griechischen Wachmann, der sehr gut sprach Ladino (jüdisch Spanisch) sprach, wurde unter Strafandrohung gezwungen, jede jüdische Familie aufzufordern, ihren persönlichen Reichtum inerhalb von 12 Stunden im deutschen Hauptquartier in cesmelik abuliefern. Ein wesentlicher Grund für diese Anordnung war der rasche Verfall der auf Rhodos gültigen italienischen Lira-Währung, der es den deutschen Besatzern zunehmend schwerer machte, die laufenden Kosten für die Besatzung zu decken bzw. die für die Truppe notwendigen Güter einzukaufen. Das Hab und Gut der Juden war daher als begehrtes Tauschobjekt dazu ausersehen, Zahlungsschwierigkeiten und Versorgungsengpässe auf deutscher Seite zu verhindern.
Die Männer der Familien, die nicht gehorchten, würden erschossen werden.
Die Deutschen behaupteten, dass sie die Juden aus strategischen Gründen von Rhodos nach Athen wollten. Die meisten der 1727 lebenden Juden in Rhodos hatten keine Kenntnis von der Schwere ihrer Bedingungen. Selahattin Ülkümen, der Konsul von Rhodos, suchte am Morgen des 20. Juli 1944 den deutschen Kommandant Generalleutnant Ulrich Kleemann (ein hochdekorierter Mörder, der nie zur Rechenschaft gezogen wurde) auf:
Ich stand vor dem Tor des deutschen Hauptquartiers und wusste nicht, was ich tun sollte, sagte Matilde Turel, eine der 42 überlebenden, beim Erzählen der Ereignisse an diesem Morgen. In diesem Moment kam Selahattin Ülkümen mit seinem Auto und sah mich.
Warten Sie, sagte er. Keine Sorge, ich werde dich retten. Was ist mit meinem Vater, fagte mein 8 Jahre alter Sohn.
Natürlich werde ich ihn nicht vergessen! antwortete er.
Während seines Treffens mit Generalleutnant Ulrich Kleemann, erklärte Selahattin Ülkümen, dass die Türkei ein neutrales Land sei, und türkische Staatsangehörige die auf Rhodes lebten, nicht verhaftet werden dürfen. Diese Menschen sollten unverzüglich freigelassen werden. Die Verhandlungen waren lang und hart. Kleemann wollte nicht einmal einen jüdischen Häftling freilassen. Aber die Entschlossenheit des türkischen Diplomaten und das Risiko den Verbündeten Türkei zu verärgern, hatte das Ergebnis, das 42 Personen die für den Transport nach Auschwitz bestimmt waren, freigelassen wurden.
Am Montag, den 24. Juli 1944, wurden außer 12 geflohenen und 42 freigelassenen, (weil sie die türkische Staatsangehörigkeit hatten), 1673 Juden von Rhodos, auf einem kleinen Boot, auf eine Reise ins Unbekannte gebracht. Nur 151 Angehörige der jüdischen Gemeinde auf Rhodos und 12 derjenigen auf Kos überlebten. 1947 zählte Rhodos noch 60 jüdische Einwohner, Kos nurmehr einen.
Zeitzeuge
Am 23. Juli 1944 mussten die rhodischen Juden, nachdem sie einige Tage zunächst in einem ehemaligen italienischen Camp hatten verbringen müssen, unter schikanösen Bedingungen eskortiert von etwa 20 SS-Männern mit aufgepflanzten Bajonetten, begleitet von Schäferhunden an der Leine und Wehrmachtssoldaten in einer langen Kolonne zum Hafen marschieren. Wer nicht schnell genug laufen konnte wurde mit Gewehrkolben angetrieben. Ihre Köpfe mussten sie auf den Boden gerichtet halten. Ununterbrochen schrillten Alarmsirenen, die Straßen waren menschenleer. „Wir wurden wie Tiere behandelt“, erinnert sich Modiano. Sie wurden geschlagen, getreten und mit dem Erschießen bedroht. Die Juden wurden ihrer gesamten Wertsachen beraubt, Schmuck, Geld, persönliche Gegenstände, sogar Proviant. Den verheirateten Frauen wurden die Eheringe vom Finger gerissen. All das packten die deutschen Soldaten in große Säcke und schleppten ihre Beute davon. Aber auch der Rest der Beute – Wäsche, Möbel, Glas, Bücher – tauschte die Wehrmacht bei der griechischen Bevölkerung gegen Versorgungsgüter ein, um ein neues Angebot auf dem Markt zu schaffen. Und mit dem Verschwinden der Juden verminderte sich die Kaufkraft. Beides stabilisierte die Währung und verbesserte die Versorgung der Besatzer. Mit dem Vermögen der Juden von Rhodos bezahlte die deutsche Garnison ein paar Monate ihre Rechnungen.