Auschwitz, 30. September 1942
1. Die in letzter Zeit aufgetretene erhöhte Anzahl von Typhus-Erkrankungen sowohl bei SS-Angehörigen, als auch deren Familienmitgliedern geben Veranlassung anzuordnen, daß es mit sofortiger Wirkung für alle im Standortbereich wohnenden Personen verboten ist, rohes Obst und Gemüse zu genießen, bzw. Milch in ungekochtem Zustande zu trinken. Ich mache darauf aufmerksam, daß diese Anordnung im Interesse der Gesundheit sämtlicher im Interessengebiet des KL Auschwitz wohnenden Personen unumgänglich schärfstens eingehalten werden muß. Ich mache die Durchführung dieser Anordnung somit sämtlichen SS-Angehörigen und Familienmitgliedern zur Pflicht. Sollte sich zukünftig durch ärztliche Feststellung ergeben, daß diese Anordnung nicht befolgt wurde, so sehe ich mich gezwungen, gegen die betreffenden in Frage kommenden SS-Angehörigen und Familienmitglieder bzw. anwesenden Personen wegen Gefährdung der Volksgesundheit beim zuständigen Gericht Strafmaßnahmen zu beantragen.
2. Es wird erneut auf den Standortbefehl Nr. 17/42 vom 10.7.42 verwiesen, nachdem es verboten ist, wegen der bestehenden Typhusgefahr die Stadt Auschwitz zu betreten. Ausnahmen hiervon werden für SS-Angehörige aller Dienstgrade nur für dringende dienstliche Zwecke stattgegeben. Es ist erneut durch die Gesundheitsbehörde festgestellt worden, daß die Stadt Auschwitz zu den Ausgangsstellen der Typhusepidemie gehört. Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß es selbstverständlich auch für die Familienmitglieder von SS-Angehörigen verboten ist, die Stadt Auschwitz zwecks Einkaufs von Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs zu betreten, da durch diese in Auschwitz gekauften Lebensmittel wahrscheinlich die Seuche auch in den Lagerbereich eingeschleppt wurde. Ich mache den jeweiligen Familienvorstand dafür haftbar, daß die Stadt Auschwitz unter keinen Umständen betreten
werden darf. Sollten Übertretungen dennoch festgestellt werden, so werde ich die Bestrafung des betreffenden Familienvorstandes veranlassen. Zum neuen Bezüge von Lebensmittelmarken, Raucherkarten usw. beim Wirtschaftsamt Auschwitz kann auf der Kommandantur jeweilig ein Ausweis angefordert werden, mit Hilfe dessen eine einzelne Person jeder Familie das Recht bekommt, die erforderlichen Formalitäten in Auschwitz zu erledigen, und auf Grund dessen sich diese betreffende Person verpflichtet, sich vom Lagerbereich unmittelbar zum Wirtschaftsamt und ohne Aufenthalt zurückzubegeben. Die Streifen haben Anweisung, die Personalien jeder im Lager wohnenden Person festzustellen, von der angenommen wird, daß sie diese Anordnungen nicht befolgt hat. Ich werde alsdann Strafantrag stellen bzw. SS-Angehörige strengstens bestrafen. Diejenigen SS-Familienangehörigen, die im Lagerbereich wohnen und bis in die letzte Zeit hinein in Auschwitz Lebensmittel einkauften und in deren Familien andererseits tatsächlich Typhuskrankheiten aufgetreten sind, werden ersucht, unverzüglich die Bezugsquellen, bei denen sie eingekauft haben, bei der Kommandantur zu melden. Dadurch kann zur Erfassung des Seuchenverbreiters ein wesentlicher Beitrag geliefert werden.
Der Standortälteste
gez. Höß
SS-Obersturmbannführer u. Kommandant
F.d.R.:
a.B. Mulka
SS-Hauptsturmführer und Adjutant