Lublin Chopin Straße 27

Bedeutung des Begriffs

Es hat den Anschein, als hätten nur die unmittelbar mit der Tötung der Juden in Belzec, Sobibor und Treblinka befaßten und die in den Befehlsweg eingeschalteten Personen die volle Bedeutung des Begriffs »Aktion Reinhard« gekannt. Wenn der frühere Kommandant von Auschwitz erklärte, unter dem Begriff »Aktion Reinhard« nur die Erfassung und Verwertung des bei den Juden-»aussiedlungen« angefallenen Vermögens verstanden zu haben, so kann dies angesichts seines in eigener Sache abgelegten vollen Geständnisses nicht als eine bloße Schutzbehauptung abgetan werden.

Rechtswidrigkeit

Die Massentötung der Juden im Rahmen der »Aktion Reinhard« war rechtswidrig. Sie verstieß brutal gegen die einfachsten Grundsätze der Menschlichkeit und gegen die unter Kulturvölkern feststehenden Auffassungen von Sitte, Moral und Gesetz. Sie wurde auch nicht etwa rechtmäßig, weil sie auf Anordnungen der höchsten Staatsorgane und auf einem sogenannten Führerbefehl beruhte.

Dieser Führerbefehl, der die Endlösung anordnete, entbehrte schon der äußeren Gesetzesform (vgl. dazu BGH St 5, 233; BGH, Urteil vom 08.11.1956 in 4 StR 359/56).

Aber selbst wenn es sich um ein formell durch Veröffentlichung richtig ergangenes Gesetz gehandelt hätte, würde ein solches Gesetz dennoch wegen seines verwerflichen Inhalts kein Recht geschaffen haben können. Denn diese Anordnungen hatten offenbares schweres Unrecht zum Inhalt. Ein solcher Mißbrauch staatlicher Machtfülle konnte niemals, auch damals nicht, gültiges Recht schaffen. Der Führerbefehl zur sogenannten Endlösung der Judenfrage, hier speziell als Grundlage der »Aktion Reinhard«, mit dem Zweck der physischen Vernichtung der Juden aus rassischen
Gründen, ist deshalb kein Rechtfertigungsgrund für die Personen, die an der Durchführung dieses Endlösungsbefehls mitgewirkt haben.

Die Massentötung unschuldiger und wehrloser Juden verstieß zudem gegen absolute Menschenrechte und damit gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts. Diesen allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts kann sich kein Staat und konnte sich auch die nationalsozialistische Staatsführung nicht willkürlich mit der Folge entziehen, daß diese Grundsätze aufgehoben würden. Zu den gesicherten Grundsätzen des allgemeinen Völkerrechts
gehört aber auch die Erkenntnis, daß keine kriegführende Macht und keine Besatzungsmacht in ihrem Tun und Lassen rechtlich völlig ungebunden ist. Auch die Staatsführung unterliegt den rechtlichen Schranken, die sich aus den unter gesitteten Völkern feststehenden Gebräuchen und insbesondere aus völkerrechtlichen Verträgen ergeben (vgl. auch BGH 1, 399).
Schon Artikel 46 Abs. I der Haager-Landkriegsordnung verbot, das Leben der Menschen in einem besetzten Gebiet, wie es z. B. das Generalgouvernement war, anzutasten. Daß sich die Haupttäter nicht nur der Tatbestandsmäßigkeit, sondern auch der Rechtswidrigkeit ihres Tuns bewußt waren, ergibt sich ebenfalls aus den strengen Geheimhaltungsbestimmungen und der Erklärung der Endlösung und damit der »Aktion Reinhard« zur Geheimen Reichssache, wie aus der Tarnung dieser Vorgänge als »Umsiedlungsaktion«.

Übersicht

Ein spezielles Lager wurde in Lublin eingerichtet für die Unmengen erbeuteter Habseligkeiten und Wertsachen, die sich in den Vernichtungslagern angesammelt hatten. Dieses "Erfassungslager für beschlagnahmtes Feindvermögen" befand sich in einem fünfstöckigen Gebäude in der Chopin Str. 27, in der Nähe des Stadtzentrums. Geleitet wurde es von SS-Sturmbannführer Georg Wippern, Chef der SS-Standortverwaltung Lublin

Aussiedlung (Umsiedlung)

die als »Aussiedlung« (gelegentlich auch als »Umsiedlung«) bezeichnete Abschiebung der Juden aus den einzelnen Distrikten in die Vernichtungslager wie auch die sogenannten »örtlichen Aussiedlungen« liefen im wesentlichen einem einheitlichen Schema entsprechend ab:

Nachdem Angehörige der Schutzpolizei, der Gendarmerie oder der fremdvölkischen Hilfsorganisationen den jüdischen Wohnbezirk umstellt
hatten, wurden die Juden aufgefordert, unter Mitnahme leichten Gepäcks ihre Häuser zu verlassen und sich zu einem Sammelplatz zu begeben. Anschließend durchsuchten Kommandos der Schutzpolizei oder der Sicherheitspolizei alle Räume. Zurückgebliebene Personen - in der Regel Kranke, Greise und Kleinstkinder-wurden sofort erschossen. Auf dem Sammelplatz wurden Arbeitsfähige, soweit man solche noch benötigte, in der erforderlichen Zahl ausgesondert. Auf eine Familienzusammengehörigkeit wurde meist keine Rücksicht genommen. Wenn mangels ausreichender Transportmittel eine »örtliche Aussiedlung« durchgeführt wurde, brachte man die verbleibenden Juden in Gruppen zu einem in Ortsnähe an abgelegener Stelle vorbereiteten Exekutionsplatz und erschoß sie am Rande bereits ausgehobener Massengräber. Wo — wie in den meisten Fällen — der Abtransport möglich war, trieb man die Juden oft in kilometerlangen Fußmärschen zu den Bahnstationen, pferchte sie in Güterwagen und verfrachtete sie entsprechend einem in der Regel langfristig festgelegten Fahrplan in eines der Vernichtungslager.
Die drangvolle Enge - oft befanden sich mehr als hundert Menschen in einem Wagen -, die Hitze, der Mangel an Trinkwasser und das Fehlen jeglicher sanitärer Einrichtungen verursachten den Opfern unbeschreibliche körperliche und seelische Qualen. Viele erreichten das Ziel nicht mehr lebend.

In den Vernichtungslagern wurden die Angekommenen unter dem Vorwand, sie müßten baden und entlaust werden, dazu veranlaßt, sich
zu entkleiden und in die meist als Baderäume getarnten Gaskammern zu gehen, wo sie durch Motorabgase getötet wurden. Die Leichen untersuchte man nach Wertsachen, insbesondere nach Zahngold, bevor man sie in vorbereiteten Massengräbern verscharrte bzw. - etwa ab Sommer 1942 - auf Rosten verbrannte.

Habseligkeiten der getöteten Juden

SS-Brigade-Führer August Frank, in einem Schreiben vom 26.09.1942 an die Verwaltungsstellen in Lublin und Auschwitz
Richtlinien zur Erfassung der Habseligkeiten der getöteten Juden nach denen in der »Aktion Reinhard« verfahren werden soll.

Unbeschadet der im Laufe des Monats Oktober zu erwartenden Gesamtanordnung hinsichtlich Verwertung des beweglichen
und unbeweglichen Besitzes der umgesiedelten Juden wird hinsichtlich des eingebrachten Gutes, das künftig in allen Anordnungen
als Diebes-, Hehler- und Hamstergut zu bezeichnen ist, schon jetzt folgendes bestimmt:

1. a) alle Barbeträge in Deutschen Reichsbanknoten sind auf das Konto W.-V.-Hauptamt 158/1488 bei der
Reichsbank Berlin-Schöneberg einzuzahlen.
b) Devisen (gemünzt oder ungemünzt), Edelmetalle, Schmuckstücke, Ganz- oder Halbedelsteine, Perlen, Zahngold
und Bruchgold sind an das SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt abzuliefern. Dieses ist für die sofortige Weiterleitung
an die Deutsche Reichsbank verantwortlich,
c) Uhren jeder Art, Wecker, Füllfederhalter, Drehbleistifte,Rasierapparate für Hand- und elektr. Betrieb, Taschenmesser,
Scheren, Taschenlampen, Brieftaschen und Geldbörsen, werden durch das SS-W.-V.-Hauptamt in Spezialwerkstätten
instand gesetzt, gereinigt und geschätzt, um dann raschestens der Fronttruppe zugeführt zu werden.
Die Abgabe an die Truppe erfolgt gegen die Bezahlung durch die Marketendereien.
Es sind 3-4 Preisklassen festzulegen und sicherzustellen, daß jeder Führer oder Mann höchstens eine Uhr kaufen kann.
Ausgenommen vom Verkauf bleiben die goldenen Uhren, deren Verwertung ich mir vorbehalte;
die Gesamterlöse werden dem Reich zugeführt,
d) Männerwäsche, Männerkleidung einschließlich Schuhzeug ist zu sortieren und abzuschätzen. Nach Deckung des eigenen
Bedarfs für KL-Insassen und ausnahmsweise für die Truppe ist die Abgabe an die Volksdeutsche Mittelstelle
vorzunehmen. In jedem Falle ist der Erlös dem Reich zuzuführen.
e) Frauenkleidung, Frauenwäsche einschließlich Fußbekleidung, Kinderkleidung und Kinderwäsche einschl. Schuhzeug
ist an die Volksdeutsche Mittelstelle gegen Bezahlung abzugeben. Reinseidene Wäschestücke sind nach Anordnung
des SS-W.-V.-Hauptamts an das Reichswirtschaftsministerium abzugeben. Das gleiche gilt auch für die Wäsche zu d.
f) Federbetten, Steppdecken, Wolldecken, Anzugstoffe, Schals, Schirme, Stöcke, Thermosflaschen, Ohrenschützer,
Kinderwagen, Kämme, Handtaschen, Ledergürtel, Einkaufstaschen, Tabakpfeifen, Sonnenbrillen, Spiegel, Bestekke,
Rucksäcke, Koffer aus Leder und Kunststoffen sind an die Volksdeutsche Mittelstelle abzugeben. Die Frage der
Entschädigung wird noch geregelt. Eigenbedarf an Steppdecken, Wolldecken, Thermosflaschen, Ohrenschützern,
Kämmen, Bestecken und Rucksäcken kann von Lublin und Auschwitz gegen Vergütung aus Haushaltsmitteln
entnommen werden.
g) Wäsche wie Bettlaken, Bettbezüge, Kopfkissen, Handtücher, Wischtücher, Tischdecken, sind an die Volksdeutsche
Mittelstelle gegen Bezahlung abzugeben. Bettlaken, Bettbezüge, Handtücher, Wischtücher und Tischdecken können
für den Bedarf der Truppe - gegen Vergütung aus Haushaltsmitteln - herausgezogen werden.
h) Brillen und Augengläser in jeder Form sind an das Sanitätsamt zur Verwertung abzugeben.
(Brillen mit Goldgestellen müssen ohne Gläser mit den Edelmetallen abgeliefert werden.)
Eine Abrechnung über die Brillen und Augengläser kann des geringen Wertes und der beschränkten Verwendungsfähigkeit
wegen unterbleiben.
i) Edelpelze aller Art, verarbeitet und unverarbeitet, sind an das SS-W.-V.-Hauptamt abzuliefern. Pelzwaren unedler
Art (Schafpelze, Hasen-, Kaninchenpelze usw.) sind unter Benachrichtigung des SS-W.-V.-Hauptamts, Amt B II, an
das Bekleidungswerk der Waffen SS, Ravensbrück bei Fürstenberg (Mecklenburg) abzuliefern.
k) Alle unter Buchstabe d, e, f aufgeführten Gegenstände, welche nur 1/3 oder 2/5 Tragewert besitzen,
oder überhaupt unbrauchbar sind, werden durch das SS-W.-V.-Hauptamt dem Reichswirtschaftsministerium zur
Verwertung zugeführt. Soweit Artikel anfallen, die unter b-i nicht enthalten sind, ist über deren Verwertung die Entscheidung
des Chefs des SS-W.-V.- Hauptamts einzuholen.

Alle Preise setzt das SS-W.-V.-Hauptamt fest, unter Beachtung gesetzlicher Richtpreise. Diese Festsetzung kann auch
nachträglich stattfinden. Zeit- und personalraubende, kleinliche Wertfeststellungen können hierbei unterbleiben.
Im allgemeinen sind Durchschnittspreise festzusetzen, z.B. für eine gebrauchte Männerhose 3,- Mark, für eine Wolldecke 6,-
Mark u.s.w. Für die Ablieferung der unbrauchbaren Gegenstände an das Reichswirtschaftsministerium sind im allgemeinen
Kilopreise zugrundezulegen. Es ist streng darauf zu achten, daß bei allen zur Abgabe kommenden Kleidern und Überkleidern
der Judenstern entfernt wird. Es sind ferner mit größtmöglicher Sorgfalt alle zur Abgabe kommenden Gegenstände auf
versteckte und eingenähte Werte zu untersuchen.

I.V.
Frank
SS-Brigadeführer und Generalmajor der SS

Verpflichtung zur Verschwiegenheit

Durch SS-Hauptsturmführer Höfle als Leiter der Hauptabteilung Einsatz Reinhardt beim SS-und Polizeiführer im Distrikt Lublin bin ich eingehend unterrichtet und belehrt worden, daß ich unter keinen Umständen an Personen, die außerhalb des Kreises der Mitarbeiter im Einsatz Reinhardt stehen, die Vorkommnisse bei der Judenumsiedlung mündlich oder schriftlich berichten darf, daß die Vorgänge bei der Judenumsiedlung Gegenstand einer Geheimen Reichssache sind. Mir ist bekannt, daß die Pflicht zur Geheimhaltung auch nach meinem Ausscheiden aus dem Dienst weiterbesteht.

Verhandlung über die Verpflichtung des ...
als besonders beauftragte Person bei der Durchführung von Arbeiten bei der Judenumsiedlung
im Rahmen des Einsatzes Reinhard beim SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin.

Der erklärt:
Durch SS-Hauptsturmführer Höfle als Leiter der Hauptabteilung Einsatz Reinhard
beim SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin bin ich eingehend unterrichtet und belehrt
worden:

1.) darüber, daß ich unter keinen Umständen an Personen, die außerhalb des Kreises der Mitarbeiter im
Einsatz Reinhard stehen, irgendwelche Mitteilungen über den Verlauf, die Abwicklung oder die Vorkommnisse
bei der Judenumsiedlung mündlich oder schriftlich zukommen lassen darf;
2.) darüber, daß die Vorgänge bei der Judenumsiedlung Gegenstand einer Geheimen Reichssache
im Sinne der Verschl. VO sind;
3.) über die entsprechenden Sonderbestimmungen der Geschäftsordnung des SS- und Polizeiführers im Distrikt
Lublin unter ausdrücklichem Hinweis darauf, daß diese Vorschriften Befehle in Dienstsachen bzw. Gebote
und Verbote im Sinne des § 92b R.St.G.B. sind;
4.) über ein ausdrückliches Photographier-Verbot in den Lägern des Einsatzes Reinhard;
5.) über §§ 88 bis 93 R.St.G.B. in der Fassung vom 24. April 1934 und über die Verordnung gegen Bestechung und
Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen vom 3. Mai 1917, 12. Februar 1920;
6.) über die §§ des R.St.G.B. 139 (Anzeigepflicht) und 353c (Verletzung des Amtsgeheimnisses).

Ich kenne die angeführten Bestimmungen und Gesetze und bin mir der Pflichten bewußt, die mir aus der
übertragenen Aufgabe erwachsen.
Ich verspreche, sie nach bestem Wissen und Gewissen wahrzunehmen.
Mir ist bekannt, daß die Pflicht der Geheimnishaltung auch nach meinem Ausscheiden aus dem Dienst weiterbesteht.

Unterschrift

Namensliste der Beteiligten

(T4 = Hadamar) (Aktion Reinhard = Treblinka)
SS-Scharführer
Arndt Kurt

(Aktion Reinhard = Verwaltung)
SS-Hauptscharführer
Kestel Konrad
* 12.01.1910

SS-Oberscharführer
Muhsfeldt Erich
* 18.02.1913 in Neubrück am Spree (Hennigsdorf)
+ 28.01.1948 im Montelupich Gefängnis

Bericht Gerstein Kurt

SS-Obersturmführer der Waffen-SS Gerstein Kurt (Abteilung Sanitätswesen beim SS-Führungshauptamt)
Bericht vom 17.08.1942 über seine bei eiern dienstlichen Besuch im Vernichtungslager Belzec gewonnenen Eindrücke

In Lublin erwartete uns SS-Gruppenführer Globocnek. Er sagte zu uns: dies ist eine der geheimsten Angelegenheiten, die es gibt, ja, überhaupt die allergeheimste. Jeder, der darüber spricht, wird sofort erschossen. Gestern erst sind zwei, die den Mund nicht halten konnten, gestorben. Dann erklärte er uns:
Zur Zeit gibt es drei Anlagen:
1.Belzec an der Straße Lublin-Lemberg, in dem Gebiet der russischen Demarkationslinie.
Maximum pro Tag: 15000 Menschen (gesehen!).
2. Sobibor, ich weiß nicht genau, wo.
Nicht gesehen. 20000 Personen pro Tag.
3. Treblinca, 120 km NNO von Warschau.
25000 pro Tag. Gesehen!
4. Majdanek bei Lublin,
in Vorbereitung gesehen.


Globocnek sagte: Sie müssen eine große Menge an Kleidungsstücken desinfizieren, 10- oder 20 mal soviel wie die »Spinnstoffsammlung« ergeben hat, die man nur zu dem Zweck unternommen hat, um die Herkunft der jüdischen, polnischen, tschechischen usw. Kleidungsstücke zu verschleiern. Ihre zweite Aufgabe wird sein, die technische Einrichtung unserer Gaskammern umzustellen, die bisher durch den Auspuff eines alten Dieselmotors funktionierte; sie soll nunmehr auf ein stärkeres und schneller wirkendes Gift, nämlich Blausäure, umgestellt werden. Der Führer und Himmler, die am 15. August hier waren, d. h. vorgestern, haben es mir jedoch zur Pflicht gemacht, persönlich alle diejenigen zu begleiten, die die Anlagen sehen müssen. Professor Pfannenstiel: »Aber was sagt der Führer dazu?« Darauf Globocnek, »Schneller, schneller,' die ganze Aktion durchführen!« sagte er. Daraufhin Ministerialdirektor Dr. Herbert Lindner, Innenministerium: »Wäre es nicht besser, die Leichen zu verbrennen anstatt sie zu bestatten? Eine andere Generation wird vielleicht anders hierüber denken « Darauf Globocnek: »Aber, meine Herren, wenn jemals nach uns eine Generation käme, die so feige und in sich angefault wäre, daß sie unsere Tat, die so gut und so notwendig ist, nicht verstünde dann, meine Herren, wäre der gesamte Nationalsozialismus umsonst gewesen. Im Gegenteil, man müßte Bronzetafeln mit vergraben, auf denen geschrieben steht, daß wir es waren, die den Mut besessen haben, dieses gigantische Werk zu vollbringen!«
Und hierauf Hitler: »Ja, mein lieber Globocnek, das ist ein Wort und ich bin ganz Ihrer Meinung«

Am darauffolgenden Tag fuhren wir nach Belzec.

Ein kleiner besonderer Bahnhof mit 2 Bahnsteigen schmiegt sich unmittelbar an einen gelben Sandhügel nördlich der Straße und der Eisenbahnlinie
Lublin-Lemberg an. Im Süden, neben der Landstraße einige Häuser mit der Aufschrift: »Dienststelle Belzec der Waffen-SS«. Globocnek stellt mich SS-Hauptsturmführer Obermeyer aus Pirmasens vor, der mir mit großer Zurückhaltung die Einrichtungen zeigt. An diesem Tag waren keine Toten zu sehen, aber über der ganzen Gegend sowie auch über der Landstraße lag der Pestgeruch. Neben dem kleinen Bahnhof stand eine große Baracke mit der Aufschrift »Garderobe« und einem Schalter für »Wertsachen«. Dann ein Raum mit 100 Stühlen, »Friseur«, dann ein Gang von 150 m Länge im Freien, Stacheldraht zu beiden Seiten und Schilder mit der Aufschrift: »Zu den Bädern und Inhalationsräumen«. Vor uns ein Gebäude, das wie ein Bad aussah, rechts und links große Betongefäße mit Geranien und anderen Blumen. Nachdem wir eine kleine Treppe hinaufgestiegen waren, sahen wir rechts und links je 3 Räume, die wie Garagen aussahen, 4 X 5 m groß, 1,90 m hoch. Auf dem Rückgang, unsichtbar, Ausgänge aus Holz. Am Dach der Davidstern aus Kupfer. Vor dem Gebäude ein Schild »Heckenholt-Stiftung«- Mehr habe ich an diesem Nachmittag nicht gesehen.

Einige Minuten vor 7 Uhr am nächsten Morgen kündigte man mir an: In 10 Minuten wird der erste Zug eintreffen! - Und tatsächlich kam nach ein paar Minuten der erste Zug aus Lemberg an. 45 Wagen mit insgesamt 6700 Menschen, von denen 1450 bereits bei ihrer Ankunft tot waren. Hinter den kleinen Luken mit Stacheldraht Kinder, gelb, voller Angst, Frauen, Männer.

Der Zug läuft ein:
200 Ukrainer, die man zu diesem Dienst gezwungen hat, reißen die Türen auf und treiben die Menschen mit Lederpeitschen aus den Wagen. Dann werden durch einen großen Lautsprecher Anweisungen gegeben: mitten im Freien, einige in der Baracke, müssen sich alle ausziehen und müssen auch Prothesen und Brillen ablegen: mit kleinen Stücken Bindfaden, die ein kleiner vierjähriger Judenjunge verteilt, werden die Schuhe zusammengebunden.
Alle Wertsachen und alles Geld muß an dem Schalter für Wertsachen abgegeben werden, ohne Gutschein, ohne Empfangsquittung. Dann die Frauen und jungen Mädchen zum Friseur - sich mit ein - zwei Schnitten die Haare abschneiden lassen, die in großen Kartoffelsäcken verschwinden, »um daraus etwas für die U-Boote anzufertigen, Dichtungen, etc.«, sagt der SS-Unterscharführer vom Dienst zu mir. Dann beginnt der Marsch: rechts und links Stacheldraht und von hinten zwei Dutzend Ukrainer mit Gewehren. Angeführt von einem außergewöhnlich schönen jungen Mädchen kommen sie näher. Ich selber stehe zusammen mit Polizeihauptmann Wirth vor den Todeskammern. Vollkommen unbekleidet ziehen Männer, Frauen, junge Mädchen, Kinder, Säuglinge, Einbeinige an uns vorbei. In der Ecke steht ein stämmiger SS-Mann, der mit lauter, pastoraler Stimme den Unglücklichen zuruft: Euch wird nicht das geringste geschehen! Ihr müßt nur schnell atmen, diese Inhalation stärkt die Lungen, sie ist gut gegen ansteckende Krankheiten und ein gutes Desinfektionsmittel! Als er gefragt wird, was ihr Schicksal sein wird, erwidert er ihnen: Nun, die Männer müssen arbeiten, Straßen anlegen und Häuser bauen, aber die Frauen sind nicht verpflichtet zu arbeiten. Nur wenn sie wollen, können sie im Haus und in der Küche helfen. Für einige dieser armen Menschen bedeutet dies noch einmal einen kleinen Hoffnungsstrahl, der ausreicht, um sie ohne Widerstand in die Todeskammern eintreten zu lassen - aber die Mehrzahl von ihnen weiß alles, der Geruch zeigt ihnen ihr Schicksal an! - dann steigen sie die kleine Treppe hinauf - und sehen die Wahrheit! Mütter, stillende Mütter, die Säuglinge an der Brust, nackt, viele Kinder aller Altersstufen - nackt - sie zögern, doch dann treten sie in die Todeskammern ein, die meisten von ihnen, ohne einen Ton von sich zu geben, gestoßen von denen, die nachdrängen und von den Peitschenhieben der SS-Leute angetrieben. Eine Jüdin von ungefähr 40 Jahren mit Augen, die wie Fackeln brennen, ruft das Blut ihrer Kinder auf ihre Mörder herab. Hauptmann Wirth selber versetzt ihr fünf Peitschenhiebe ins Gesicht und daraufhin verschwindet auch sie in der Gaskammer. Viele beten, andere fragen:
»Wer reicht uns das Wasser für den Tod?« (israelitischer Ritus). Die SS-Leute pressen die Menschen in den Kammern zusammen. »Gut füllen«, hat Hauptmann Wirth befohlen. Die nackten Menschen stehen auf den Füßen der anderen, 700-800 auf 25 qm Fläche und 45 cbm Raum. Die Türen schließen sich.
Die restlichen Zuginsassen jedoch, nackt, warten noch draußen. Man sagt zu mir: »Nackt und das im Winter, die Leute können sich ja den Tod holen!« - »Dafür sind sie ja hier!«, war die Antwort! In diesem Augenblick begreife ich plötzlich, warum es Stiftung Heckenholt heißt: Heckenholt ist der Führer des »Diesel«, dessen Auspuffgase dazu bestimmt sind, die Unglücklichen zu töten! SS-Unterscharführer Heckenholt bemüht sich, den Dieselmotor in Gang zu bringen. Jedoch es geht nicht! Hauptmann Wirth kommt. Man sieht ihm an, daß er Angst hat, denn ich sehe nun das Unglück. Ja, ich sehe alles, und ich warte. Meine Stoppuhr hält alles fest: 50 Minuten, 70 Minuten, der Dieselmotor läuft nicht. Die Menschen warten in ihren Gaskammern. Umsonst. Man hört sie weinen. »Wie in der Synagoge«, sagt SS-Sturmbannführer Prof. Dr. Pfannenstiel, Professor für Gesundheitslehre an der Universität Marburg/Lahn, und er horcht mit dem Ohr an der Holztüre. Hauptmann Wirth ist wütend und versetzt dem Ukrainer, der Heckenholt hilft, 11-12 Peitschenhiebe ins Gesicht. Nach 2 Stunden, 49 Minuten - die Stoppuhr hat alles genau registriert - läuft der Dieselmotor an; bis zu diesem Augenblick leben die Menschen in den 4 Kammern, die bereits gefüllt waren, sie leben, viermal 750 Menschen in viermal 45 cbm Raum! - Wieder vergehen 25 Minuten; es ist wahr, viele sind schon tot. Dies erkennt man, wenn man einen Blick durch das kleine Fenster wirft, durch das man beim Aufleuchten der elektrischen Lampe für einen Augenblick das Innere der Kammer erkennen kann. Nach 28 Minuten sind es nur noch wenige, die noch leben. Endlich, nach 32 Minuten, sind alle tot! -Auf der Rückseite werden von jüdischen Arbeitern die Holztüren geöffnet.
Man hat ihnen - für diesen entsetzlichen Dienst - die Freiheit und einige Prozente an dem Erlös aus den Wertgegenständen und dem gefundenen Gold versprochen. Die Toten stehen noch immer aufrecht, wie Säulen aus Basalt; sie konnten nicht umsinken, oder sich neigen, weil ihnen nicht der geringste Raum verblieben war. Selbst im Tode erkennt man noch die einzelnen Familien, die sich noch fest an den Händen halten. Man kann sie nur mit Mühe voneinander lösen, damit die Kammern für die nächste »Ladung« leer werden. Man wirft die Leichen hinaus, blau, naß von Schweiß und Urin, die Beine voller Kot und Regelblut. Unter ihnen die Leichen von Säuglingen und kleinen Kindern. Aber man hat keine Zeit zu verlieren. Zwei Dutzend Arbeiter sind damit beschäftigt, die Münder der Toten nachzusehen, die sie mit Hilfe von eisernen Haken öffnen. »Gold links, rechts kein Gold« - andere sehen After und Genitalien nach Geld, Brillanten, Gold usw. nach. Dentisten brechen mit Hilfe von Hämmerchen die Goldzähne, Goldbrücken und Goldkronen aus. Er hält mir eine große Konservenbüchse hin, die mit die mit Zähnen angefüllt ist und sagt: »Heben Sie mal, was für ein Gewicht das Gold hat! Das ist nur von gestern und vorgestern! - Und Sie glauben nicht, was wir täglich finden: Dollars, Brillanten, Gold! - Aber überzeugen Sie sich selbst.« Und er führt mich zu einem Juwelier, der für diese Wertsachen verantwortlich war.

Man zeigte mir noch einen der Direktoren des großen Kaufhauses des Westens in Berlin sowie einen kleinen Menschen, das man Geige spielen ließ; sie waren die Chefs der jüdischen Arbeitskommandos.
»Dieser hier ist ein Hauptmann der k. u. k. österreichischen Armee, Träger des deutschen EK I«, sagte Hauptsturmführer Obermeyer zu mir. Danach wurden die Leichen in große Gruben von etwa 100 X 20 X 12 m Ausmaß geworfen, die sich in der Nähe der Todeskammern befanden.

Einige Tage später waren die Leichen durch das Gas, das sich in ihnen entwickelte, so aufgebläht, daß sich das ganze um 2—3 Meter hob. Nach ein paar weiteren Tagen hörten sie auf, sich zu blähen und fielen in sich zusammen. Am folgenden Tag wurden die Gruben von neuem gefüllt und mit einer 10 cm dicken Schicht Sand bedeckt. Einige Zeit später - so hörte ich - hat man Roste aus Eisenbahnschienen gemacht und die Leichen mit Hilfe von Dieselöl und Benzin verbrannt, um sie verschwinden zu lassen

Bericht Pfannenstiel Wilhelm Hermann

SS-Sturmbannführer Prof. Dr. Pfannenstiel, Professor für Gesundheitslehre an der Universität Marburg/Lahn
Bericht vom 17.08.1942 über seine bei eiern dienstlichen Besuch im Vernichtungslager Belzec gewonnenen Eindrücke
Es wurden mehrere Eisenbahnwaggons in das Lager geschoben, in denen sich etwa 500 Juden befanden, Männer, Frauen und Kinder. Es waren keine deutschen Juden. Die Juden mußten aus den Wagen aussteigen und wurden sodann nach Geschlechtern getrennt. Vorher hatten sie noch ihre Schuhe ausziehen müssen. Bemerken möchte ich noch, daß einige Juden auf dem Transport verstorben waren. Ich hatte den Eindruck, daß die Juden in den Wagen äußerst dicht gedrängt waren. Nach dem Marsch in das Lager und der Aufteilung nach Geschlechtern mußten sie sich entkleiden. Den Frauen wurden die Haare geschnitten. Während dieser Vorgänge wurden die neu angekommenen Juden von den Arbeitsjuden
belehrt, daß sie zum Arbeitseinsatz kämen und vorher noch desinfiziert werden müßten. Davon, daß ihnen der Tod bevorstand, wurde ihnen nichts gesagt. Diese Juden gingen daher völlig ahnungslos in die Gaskammern. Meiner Erinnerung nach waren sie dabei nicht mehr nach Geschlechtern getrennt. Die Vorgänge vor der Vergasung liefen in einem eingespielten Arbeitsgang ab. Die einzelnen Plätze waren durch Bastwände nach außen hin abgeschirmt und die Juden wurden durch diese Wände automatisch in die Gaskammern geschleust. Über die Kapazität der sechs Kammern kann ich keine Angaben machen. Ich meine aber, daß bei dieser Vergasung, bei der ich Augenzeuge war, lediglich drei oder vier Kammern gefüllt waren. Die Juden gingen ruhig und ohne Widerstand zu leisten in die Kammern. Es wurde in diesen erst unruhig, als das Licht ausgeschaltet wurde. Hierauf wurde der Motor angeworfen. Meiner Erinnerung nach spielte sich der Vorgang der Vergasung in verhältnismäßig kurzer Zeit ab. Ich glaube, mich noch erinnern zu können, daß ich damals auf meine Uhr geschaut habe und daß es 18 Minuten dauerte, bis in den Kammern völlige Stille eingetreten war. Das Schauglas, das sich in jeder Tür befand, hatte sich verhältnismäßig schnell von innen beschlagen, so daß man von außen nichts mehr sehen konnte. Nachdem in den Kammern Stille eingetreten war, wurden die an der Außenwand des Gebäudes angebrachten Türen geöffnet. Durch diese wurden die Leichen von jüdischen Häftlingen herausgeschafft und in große Gruben geworfen. In diesen Gruben wurden die Leichen verbrannt. Vorher wurden die Leichen von den Häftlingen noch auf Gold und Wertsachen untersucht. Die Verbrennung der Leichen ging damals meiner Ansicht nach noch recht unvollkommen vor sich.

Die Kleidung und die Habseligkeiten der getöteten Menschen waren in dem Lager zu großen Bergen aufgetürmt. Diese Gegenstände wurden von etwa 1000 jüdischen Häftlingen sortiert.

04.12.1943

Triest, den 4. November 1943

Der Höhere SS- u. Polizeiführer
in der Operationszone
Adriatisches Küstenland
Gl./Go. - Tgb. No 225/43

An den
Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei
Heinrich Himmler
Berlin

Reichsführer!
Ich habe mit 19.10.1943 die Aktion Reinhard, die ich im Generalgouvernement
geführt habe, abgeschlossen und alle Lager aufgelöst.
Als Abschlußdarstellung erlaube ich mir, beiliegende Mappe, Ihnen, Reichsführer, zu überreichen.
Meine Feststellungen in Lublin haben ergeben, daß es sich im Generalgouvernement und besonders
aber im Distrikt Lublin um einen besonderen Ausstrahlungsherd gehandelt hat und versuchte ich daher
diese Gefahrenmomente bildlich festzuhalten.
Es wird vielleicht für die Zukunft sich zweckmäßig erweisen, auf die Ausschaltung dieser Gefahr hinweisen
zu können. Andererseits aber habe ich versucht, eine Darstellung über den Arbeitseinsatz zu geben, aus dem
nicht nur die Arbeitsmenge zu ersehen ist, sondern auch mit wie wenig Deutschen dieser Großeinsatz
ermöglicht wurde. Er ist heute jedenfalls so angewachsen, daß sich namhafte Industrien hierfür interessieren.
Ich habe mittlerweile diese Arbeitslager an SS-Obergruppenführer Pohl übergeben. Ich bitte, Reichsführer,
diese Mappe durchzusehen. Bei einem Besuch haben mir Reichsführer in Aussicht gestellt, daß für die
besonderen Leistungen dieser harten Aufgabe einige EK's nach Abschluß der Arbeiten verliehen werden könnten.
Ich bitte, Reichsführer, um Mitteilung, ob ich hierfür Vorschläge unterbreiten darf. Ich darf mir erlauben darauf
hinzuweisen, daß für den Warschauer- Einsatz, der einen verhältnismäßig kleinen Teil der Gesamtarbeit
ausgemacht hat, an die Kräfte des dortigen SS- und Polizeiführers ebenfalls eine solche Verleihung bewilligt wurde.
Ich wäre Ihnen, Reichsführer, für eine positive Entscheidung diesbezüglich sehr dankbar, als ich gerne die harte
Arbeit meiner Männer belohnt sehen möchte.

Heil Hitler!
Globocnik
SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei

Erntefest in Majdanek

16. August 1947
Auszug aus der Aussage von
Erich Muhsfeldt, Leiter des Krematoriums des KZ Majdanek

Ende Oktober 1943 wurde eines Tages mit dem Ausheben von Gruben hinter den Feldern 5 und 6 begonnen , etwa fünfzig Meter vom Gebäude des neuen Krematoriums entfernt . Etwa dreihundert Häftlinge, aufgeteilt in zwei Gruppen von hundertfünfzig, die sich Tag und Nacht abwechselten, wurden für diese Aufgabe eingesetzt. Sie arbeiteten drei Tage lang. In diesen drei Tagen wurden drei Gruben mit einer Tiefe von mehr als zwei Metern ausgehoben. Jeder war etwa hundert Meter lang und folgte einer Zick-Zack-Linie. Zur gleichen Zeit trafen Sonderkommandos aus dem KZ Auschwitz, SS und Polizei aus Krakau, Warschau, Radom, Lwow und Lublin in Majdanek ein. Otto Moll  und Franz Hössler  kamen mit zehn SS Angehörigen aus Auschwitz. Insgesamt trafen aus allen von mir erwähnten Orten fast hundert SS Angehörigen ein, die ein Sonderkommando bildeten . Am vierten Tag – das könnte der 3. November 1943 gewesen sein – ertönte um 5 Uhr morgens der Alarm. Als ich es hörte, ging ich von meinem Zimmer ins Lager. Das ganze Lager stand unter polizeilicher Überwachung. Ich schätze, dass ungefähr fünfhundert Polizisten Wache stehen und schussbereit sind. Sie waren mit schweren Maschinengewehren, Maschinenpistolen und anderen automatischen Schnellfeuerwaffen ausgestattet. Ein mit einem Funksender ausgestattetes Fahrzeug war in der Nähe des neuen Krematoriums stationiert und ein weiteres gleichen Typs am Eingang des Lagers in der Nähe der Bauleitung. Als ich im Camp ankam, waren die beiden Geräte schon eingeschaltet. Wir spielten Schallplatten von Märschen, deutschen Liedern und Tanzmusik. Beide Fahrzeuge waren vom Propagandaamt Lublin zur Verfügung gestellt worden.

Ich möchte betonen, dass ich bis heute nicht wusste, was los war. Als die Grube ausgehoben wurde, nahm ich an, dass es sich um Flugabwehrgräben handelte, da in der Nähe eine Flugabwehr-Artilleriebatterie aufgestellt war. Ich fragte die SS, die für die Arbeit der Häftlinge beim Ausheben dieser Gräben zuständig war, wozu sie dienen sollten, aber er konnte meine Frage nicht beantworten und ich hatte den Eindruck, er wisse nichts davon. Die Juden, die dort arbeiteten, sagten mir, sie seien bestimmt für sie bestimmt. Ich habe ihm nicht geglaubt. Ich lachte über sie und erwiderte, dass es sich sicherlich um Flugabwehrgräben handelte. Diese Antwort war aufrichtig, seitdem war ich selbst dieser Meinung.

Gegen 6 Uhr morgens – vielleicht sogar 7 Uhr morgens – startete die große Aktion. Einige der im Feld 5 versammelten Juden wurden in eine Kaserne getrieben, in der sie sich vollständig ausziehen mussten. Dann durchtrennte der Schutzhaftlagerführer Thumann  den Stacheldraht des Zauns zwischen Feld 5 und den Gräben. So wurde eine Passage geschaffen. Von diesem Gang bis zur Grube wurde eine Reihe bewaffneter Polizisten aufgestellt. Die nackten Juden wurden durch diese Gasse zu den Gruben getrieben. Dort schob eine SS Einheit des Sonderkommandos jeweils zehn in die Gräben. Diejenigen im Graben wurden bis ans Ende getrieben. Dort mussten sie sich hinlegen und wurden dann von SS Angehörigen vom Sonderkommdie am Rande des Grabens standen, erschossen. Auch die folgenden Gruppen wurden bis ans Ende des Grabens geschoben. Dort wurden sie gezwungen, sich auf die zuvor Erschossenen zu legen. Im Laufe der Zeit wurde der Graben so in Scheiben, praktisch bis zum Rand, verfüllt. Gruppen von Männern und Frauen wurden getrennt erschossen.

Diese Aktion dauerte ununterbrochen bis etwa 5 Uhr nachmittags. Die SS, die die Erschießungen durchführte, war auf den Beinen. Sie gingen zum Essen in die SS-Kaserne der Stadt, und die Aktion ging ununterbrochen weiter. Die ganze Zeit lief Musik aus den beiden Funkfahrzeugen. All dies beobachtete ich vom Gebäude des neuen Krematoriums aus , wo ich ein Zimmer für mich und für die meinem Kommando abhängigen Häftlinge hatte .

An diesem Tag, alle Juden , die im Lager Majdanek waren , waren erschossen, sowie alle diejenigen , die in verschiedenen Unternehmen wie die verteilt wurden Deutsche Ausrüstungswerke oder die Bekleidungswerke und in allen externen Kommandos ( Außenkommandos ). Auch Juden, die auf der Burg inhaftiert waren, wurden erschossen. Die ganze Aktion war militärisch organisiert. Als Verbindung zwischen dem Lubliner SS- und Polizeikommandanten und anderen Behörden wurde eine Funk-Sende-/Empfangsstation eingerichtet. Über diese Station berichtete der SD-Offizier, der die Aktion vor Ort kommandierte (ich erinnere mich nicht mehr an seinen Namen), über den Fortschritt, indem er regelmäßig die Zahl der Hingerichteten angab. Ich habe gehört, dass an diesem Tag insgesamt über 17.000 Juden beiderlei Geschlechts erschossen wurden. Auch alle Juden in meinem Kommando wurden in dieser Masse erschossen. Als ich morgens im Lager ankam, als ich merkte, was los war, wandte ich mich an den Schutzhaftlagerführer Thumann und bat ihn, mir mein Kommando zu lassen .. Er antwortete, es sei unmöglich, die Aktion sei von Globocnik und dem SD kommandiert, und auf Befehl des Generalgouverneurs Frank sollten alle Juden in Lublin ausgerottet werden. Er fügte hinzu, dass ich statt der Juden ein Kommando aus Russen erhalten werde .

An diesem Tag wurden jedoch 300 jüdische Frauen gerettet und zum Sortieren der in den Baracken aufgetürmten Sachen eingesetzt, in denen sich die Häftlinge vor der Hinrichtungsstätte auszogen, sowie 300 jüdische Männer, die im Lager zur Verfügung standen des Sonderkommandos 1005. Sie wurden alle im Feld 5 untergebracht. Die Frauen dieser Gruppe blieben bis März oder April 1944 in Majdanek. Die Männer wurden vom Sonderkommando 1005 in Gruppen von mehreren Dutzend in unterschiedlichen Zeitabständen aufgenommen. Ich habe von der SS des Sonderkommandos gelernt die nach Majdanek kamen, um nach neuen Gruppen von Juden zu suchen, dass sie verwendet wurden, um verschiedene Massengräber wieder zu öffnen und die exhumierten Leichen zu verbrennen. Einer von der SS erzählte mir, dass Juden aus einer dieser Gruppen geflohen seien und sie deshalb ihre Arbeit mit den Füßen in Ketten verrichten müssten. Das Sonderkommando nahm in solchen Gruppen die 300 Juden auf, die am 3. November 1943 Majdanek überlebt hatten. Keiner von ihnen kehrte ins Lager zurück. Ich habe gehört, dass sie immer nach getaner Arbeit ermordet wurden.

Am 3. November 1943, nachdem alle Juden hingerichtet worden waren, wurden die Gräben mit einer dünnen Erdschicht bedeckt.