* 24.04.1919 in Ludwigslust
† 08.05.1976 in Nürnberg

Sohn eines Studienrats

HJ
NS-Kraftfahr-Korps
NS-Reiter-Korps

1937 bis 1941
Chemiestudium an der Technischen Hochschule Danzig

Chemische Abteilung des Pathologischen Instituts der Charité in Berlin
(bei Karl Hinsberg)

Oktober 1943
am Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Biochemie
(bei Professor Adolf Butenandt)
„Das Kaiser-Wilhelm-Institut für menschliche Erblehre hatte ‚keine Schranken‘ für die Forschung gefordert. In Auschwitz wurde dieser Traum erfüllt: Der absolute Zugriff auf lebende und auf werdende Menschen. Eine Orgie verbrauchender Foschung.
Auschwitz war die Hölle für die Häftlinge und der Himmel für die Forschung, die sich hemmungslos des ‚Menschenmaterials‘ bediente.“

Hillmann untersuchte an Butenandts Institut in Berlin-Dahlem Blutseren von infizierten Kaninchen, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch menschliche Blutproben, die der KZ-Arzt
Mengele seinem Lehrer von Verschuer aus Auschwitz geschickt hatte. Die Blutproben aus Auschwitz stammten von Häftlingen aus verschiedenen ethnischen Gruppen. Ziel der Untersuchung war es, die molekulare Grundlage für die unabgesicherte Beobachtung zu finden, daß aschkenasische Juden weniger empfindlich gegenüber Tuberkuloseinfektionen seien als Nichtjuden. Es wurde vermutet, daß aschkenasische Juden mehr oder wirksamere "Abwehrfermente" gegen Tuberkelbazillen bildeten. Die Kooperation mit Günther Hillmann, der als Experte für den Nachweis von "Abwehrfermenten" galt, begann zu einer Zeit, als Butenandt noch in Berlin war. Sie wurde auch noch fortgesetzt, nachdem Butenandt an den Verlagerungsort seines Instituts nach Tübingen übergesiedelt war.

November 1945
aus den Aufzeichnungen Hillmanns
in Dahlem seien nach allen Beschlagnahmungen immerhin noch zwei taugliche Zentrifugen verblieben, „so daß doch die Grundlagen für ‚Eiweißforschung‘ gegeben“ seien. Bei dieser handelte es sich aber um das Vorhaben, aus Lupinen Eiweiß für die menschliche Ernährung zu gewinnen.
(Hillmann arbeitete an einem von der Stadt Berlin finanzierten Projekt zur großtechnischen Entfernung von Bitterstoffen aus Lupinenmehl, wodurch man dieses als Nahrungsmittel erschließen wollte.)

promovierte 1947 an der Technischen Universität Berlin
(Über die Spaltung racemischer Aminosäuren in die optischen Antipoden in Verbindung mit der Peptidsynthese)

1949
Leiter des Laboratoriums der Medizinischen Klinik in Tübingen
(hier habilitierte er sich 1956 und wurde 1962 zum außerplanmäßigen Professor ernannt)

1963
nach dem Krieg leitete er das Chemische Institut der Krankenstalten Nürnberg.

22.04.1964
Er gehörte am 22. April 1964 zu den Gründern der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und wurde zu deren erstem Vorsitzenden gewählt

Über den Charakter Hillmanns ist auf der Grundlage der spärlichen Quellen nur
ein vorsichtiges Urteil möglich. Proctor kann den von ihm diagnostizierten Zynismus Hillmanns anhand einiger Knittelverse zeigen, die dieser in der unmittelbaren Nachkriegszeit an Butenandt schickte und in welchen er nicht nur über die Lage am Institut berichtete, sondern auch – stets in Reimform wohlgemerkt – die Vergewaltigungen Berliner Frauen durch Soldaten der Besatzungsarmee abhandelte.

Hillmanns Gebrauchslyrik behandelte die Aussicht, daß viele Berliner im Winter verhungern müßten, die sowjetischen Konfiskationen und – in durchaus ironischer Selbstbetrachtung – seine Position als „stellvertretenden Direktor“ am Institut. Unmittelbar nachdem er „die Russen“ als „sehr nette Leute“ geschildert hatte, reimte er dann: „Gewiss ist manches unerfreulich / für Mädchen auch wohl gar abscheulich. / Achtzig Prozent Frauen wurden verführt / zwei davon haben konzipiert. / Aber sowas kann man verhindern / Wenn die Frauen auf dem Friedhof überwintern.“ Bereits im August 1945 hatte Hillmann Butenandt aus Berlin berichtet, die Leiterin der Abteilung für Gewebezüchtung im KWI für Biochemie, Else Knake, habe während der Eroberung und Besetzung Berlins durch die Rote Armee in der Regel auf dem Friedhof genächtigt, nachdem die Tochter eines Institutsmitarbeiters wie auch andere Frauen, die sich im Institutskeller aufgehalten hatten, mehrmals vergewaltigt worden waren. Cirka 80 % aller Berliner Frauen seien Opfer von Vergewaltigungen geworden, jede vierte darunter sei auf diese Weise mit Tripper infiziert worden. 2 % der Frauen seien zudem schwanger geworden, die Besatzungsmacht aber habe Abtreibungen streng untersagt.
Hillmann an Butenandt, 8. August 1945, MPG-Archiv, Abt.III, Rep. 84/2, wiss. Korrespondenz.

weiterer Knittelvers von Hillmann
Ich kann das nicht verstehn.
Wahrhaftig rührt sich doch kein Aas,
um nach dem Institut zu sehn.
Ich bin doch extra hier geblieben
und hab dem Chef bereits geschrieben,
Wie hier die allgemeine Lage,
und ja – mein Gott – wenn ich ihm sage,
dass wir ihn lange schon erwarten,
so soll er doch mal endlich starten.
Denn was man Euch erzählt da drüben,
ist sicher alles übertrieben.
Die Russen sind sehr nette Leute.
Ich hatte grad Besuch erst heute.

Gewiss ist manches unerfreulich,
für Mädchen auch wohl gar abscheulich.
Achtzig Prozent Frauen wurden verführt,
zwei davon haben konzipiert.
Aber sowas kann man verhindern,
Wenn die Frauen auf dem Friedhof überwintern.
Das Haus hat man auch ausgeräumt
Jedoch ich habe nicht versäumt
nach langem Palawer und Her und Hin,
den Herrn zu sagen, wer ich bin.
Im Winter werden auch viele frieren,
verhungern oder auch krepieren.
Doch unser Standard – der ist bon.

Wir haben einen hübschen Fond.
Denn ich begann alsbald zu wittern,
man müsse die Lupine entbittern.
So forschen wir über Lupinen,
die Kosten trägt die Stadt Berlin.
Ich selber fühl mich äusserst wohl,
wir haben nämlich noch Alkohol
in einem geheimen Verstecke
für wissenschaftliche Zwecke.
(Man kann ihn leider nicht mehr kaufen,
weil’s Leute gibt, die sowas saufen!)

Und dennoch ist nicht alles okey
besonders in puncto KWG.
Von Havemann bin ich garnicht erbaut,
denn der hat mir meinen Ofen geklaut.
Drum fände ich es angenehm,
wenn der Chef mal zu uns käm.
Und so verbleib ich für diesen Winter
Ihr ergebenster Hillmanns Günther.

Veröffentlichungen
Über die Spaltung racemischer Aminosäuren in die optischen Antipoden in Verbindung mit der Peptidsynthese. (1947).
Synthese des Schilddrüsenhormons. Tübingen 1955.
Biosynthese und Stoffwechselwirkungen der Schilddrüsenhormone.Tübingen 1961