| Königliches
  Dekret vom 7. Dezember 1807,  | 
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| WIR NAPOLEON, von Gottes Gnaden und durch
  die Constitution Kaiser der Franzosen, König von Italien und Beschützer des
  Rheinischen Bundes, haben in der Absicht, den 19ten Artikel des Tilsiter
  Friedenschlusses schleunig in Vollzug zu setzen, und dem Königreiche
  Westphalen eine Grundverfassung zu geben, welche das Glück seiner Völker
  sichere und zugleich dem Souverain, als Mitgliede des Rheinischen Bundes, die
  Mittel gewähre, zur gemeinschaftlichen Sicherheit und Wohlfahrt mitzuwirken,
  verordnet und verordnen, wie folget | 
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| Erster Titel. | 
| 1ster Artikel | 
| Das
  Königreich Westphalen ist aus folgenden Staaten zusammengesetzt, nämlich:  | 
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| 1810 kam es zu einer Erweiterung des
  Staatsgebiets um Teile des ehem. Kürfürstentums Hannover  | 
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| 2ter Art | 
| Wir behalten Uns die Hälfte der
  Allodial-Domainen der Fürsten vor, um solche zu den Belohnungen zu verwenden,
  die Wir den Offizieren Unserer Armeen versprochen haben, welche Uns im
  gegenwärtigen Kriege die meisten Dienste leisteten Die Besitznahme von diesen Gütern soll
  unverzüglich durch Unsere Intendanten geschehen, und das Protocoll darüber
  soll vor dem ersten December mit Zuziehung der Landesbehörden aufgesetzt
  werden. | 
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| 3ter Art | 
| Die, besagten Ländern auferlegten,
  außerordentlichen Kriegssteuern sollen abgetragen, oder es soll für ihre
  Abzahlung, vor dem ersten December, Sicherheit gegeben werden | 
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| 4ter Art | 
| Den ersten December soll der König durch
  Commissarien, welche Wir zu dem Ende ernennen werden, in den Besitz des
  vollen Genusses und der Souverainitaet seines Gebietes gesetzt werden | 
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| Zweyter Titel | 
| 5ter Art | 
| Das
  Königreich Westphalen macht einen Theil des Rheinischen Bundes aus.  Sein
  Contingent soll aus fünf und zwanzig tausend Mann wirklich dienstthuender
  Soldaten von Waffen aller Art bestehen, nämlich:  Während
  der ersten Jahre sollen nur zehn tausend Mann Infanterie, zwey tausend Mann
  Cavallerie, und fünfhundert Mann Artillerie besoldet werden. Die übrigen
  zwölftausend fünfhundert Mann sollen von Frankreich gestellt werden und die
  Garnison von Magdeburg bilden. Diese zwölftausend fünfhundert Mann sollen vom
  Könige von Westphalen besoldet und gekleidet werden. | 
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| Dritter Titel. | 
| 6ter Art | 
| Das
  Königreich Westphalen soll in des Prinzen Hieronymus
  Napoleon directer, natürlicher und rechtmaeßiger Nachkommenschaft, männlichen
  Geschlechtes, in Folge der Erstgeburt, und mit beständiger Ausschließung der
  Weiber und ihrer Nachkommenschaft, erblich seyn.  Falls der Prinz Hieronymus Napoleon keine
  natuerliche und rechtmäßige Nachkommenschaft haben wuerde, soll der Thron
  Westphalens Uns, und Unsern natürlichen und rechtmäßigen oder adoptirten
  Erben und Nachkommen,  | 
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| 7ter Art | 
| Der König von Westphalen und seine Familie
  sind in dem, was sie betrifft, den Verfügungen der Kaiserlichen
  Familien-Statuten unterworfen | 
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| 8ter Art | 
| Im Falle
  dem Minderjaehrigkeit, soll der Regent des Königreichs von Uns oder Unsern
  Nachfolgern, in Unserer Eigenschaft als Haupt der Kaiserlichen Familie,
  ernannt werden.  Er soll
  unter den Prinzen der Königlichen Familie gewählt werden.  Die Minderjaehrigkeit des Königs endigt sich
  mit dem zurückgelegten achtzehnten Jahre | 
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| 9ter Art | 
| Der König
  und die Königliche Familie haben zu ihrem Unterhalte einen besondern Schatz,
  unter dem Titel Kron-Schatz, welcher fünf Millionen Franken Revenueen
  beträgt.  Der Ertrag der Domanial-Waldungen und ein
  Theil der Domainen sind zu diesem Behufe bestimmt. Falls der Ertrag der
  Domainen nicht zureichend seyn wuerde, so soll das Fehlende aus der
  Staatskasse mit einem Zwölftel jeden Monat zugeschossen werden. | 
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| Vierter Titel. | 
| 10ter Art | 
| Das Königreich Westphalen soll durch
  Constitutionen regiert werden, welche die Gleichheit aller Unterthanen vor
  dem Gesetze, und die freye Ausübung des Gottesdienstes der verschiedenen
  Religions-Gesellschaften festsetzen | 
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| 11ter Art | 
| Die Landstände der Provinzen, aus welchen
  das Königreich besteht, sowohl die allgemeinen, als die besondern, alle
  politische Korporationen dieser Art und alle Privilegien besagter
  Korporationen, Städte und Provinzen, sind aufgehoben | 
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| 12ter Art | 
| Gleichergestalt sind alle Privilegien
  einzelner Personen und Familien, in so fern sie mit den Verfügungen
  vorstehenden Artikels unverträglich sind, aufgehoben | 
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| 13ter Art | 
| Alle
  Leibeigenschaft, von welcher Natur sie seyn, und wie sie heißen möge, ist
  aufgehoben, indem alle Einwohner des Königreichs die nämlichen Rechte
  genießen sollen.  | 
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| 14ter Art | 
| Der Adel soll in seinen verschiedenen Graden
  und mit seinen verschiedenen Benennungen fortbestehen, ohne daß solcher jedoch
  ein ausschließendes Recht zu irgend einem Amte,
  Dienste oder einer Würde, noch Befreyung von irgend einer öffentlichen Last
  verleihen könne. | 
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| 15ter Art | 
| Die Statuten der adelichen Abteyen, Priorate
  und Capitel sollen dahin abgeändert werden, daß jeder Unterthan des Reichs
  darin zugelassen werden könne. | 
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| 16ter Art | 
| Es soll ein und dasselbe Steuer-System fuer
  alle Theile des Königreichs seyn. Die Grundsteuer soll das Fünftel der
  Revenueen nicht uebersteigen duerfen | 
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| 17ter Art | 
| Das Münzsystem und das System der Maaße und
  Gewichte, welche dermalen in Frankreich bestehen, sollen im ganzen
  Königreiche eingeführt werden | 
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| 18ter Art | 
| Die Münzen sollen mit dem Wappen Westphalens
  und mit dem Bildnisse des Königs geschlagen werden | 
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| Fünfter Titel. | 
| 19ter Art | 
| Es sollen vier Minister seyn, nämlich:  | 
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| 20ter Art | 
| Die Minister sind, jeder in seinem Fache,
  fuer die Vollziehung der Gesetze und der Befehle des Königs verantwortlich | 
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| Sechster
  Titel. | 
| 21ter Art | 
| Der
  Staatsrath soll zum wenigsten aus sechzehn und höchstens aus fünf und zwanzig
  Mitgliedern bestehen, welche vom Könige ernannt werden, und deren Ernennung
  von ihm nach Gutdünken zurückgenommen werden kann.  Er soll in
  drey Sectionen abgetheilt werden, nämlich:  Der
  Staatsrath soll die Verrichtungen des Cassations-Gerichts versehen. Es sollen
  bey demselben für die Geschäfte, welche geeignet sind, vor das
  Cassationsgericht gebracht zu werden, und für die streitigen Fälle in
  Verwaltungssachen, Advocaten angestellt werden.  | 
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| 22ter Art. | 
| Das Gesetz über die Auflagen, oder das
  Finanz-Gesetz, die Civil- und peinlichen Gesetze sollen im Staatsrathe
  discutirt und entworfen werden | 
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| 23ter Art | 
| Die im
  Staatsrathe entworfenen Gesetze sollen den von den Ständen ernannten
  Commissionen mitgetheilt werden.  Diese Commissionen, deren drey seyn sollen,
  nämlich eine Finanz-Commission, eine Commission des bürgerlichen
  Justizwesens, und eine Commission des peinlichen Justizwesens, sollen aus
  fünf Mitgliedern bestehen, welche in jeder Session ernannt und erneuert
  werden muessen | 
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| 24ter Art | 
| Diese
  ständischen Commissionen können mit den respectiven Sectionen des
  Staatsrathes die ihnen mitgetheilten Gesetzes-Entwürfe discutiren.  Die Bemerkungen besagter Commissionen sollen
  im versammelten, vom Könige präsidirten Staatsrathe verlesen, und es soll,
  wenn man es nöthig finden wird, über die Modificationen, deren die
  Gesetzes-Entwürfe fuer empfänglich werden gehalten werden, berathschlaget
  werden. | 
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| 25ster Art | 
| Die definitiv angenommene Redaction der
  Gesetzes-Entwürfe soll durch Mitglieder des Staatsrathes unmittelbar den
  Ständen überbracht werden, welche nach Anhörung der Beweggründe jener
  Gesetzes-Entwürfe und der Berichte der Commission, darüber berathschlagen
  werden | 
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| 26ster Art | 
| Der Staatsrath hat die
  Verwaltungs-Verordnungen zu discutiren und solche zu entwerfen | 
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| 27ster Art | 
| Er hat über die unter den Verwaltungs- und
  gerichtlichen Behörden sich erhebenden Jurisdictions-Streitigkeiten, über die
  streitigen Verwaltungsgegenstände und über die Frage zu erkennen, ob
  Verwaltungs-Beamte vor Gericht gestellt werden können und sollen? | 
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| 28ster Art | 
| Der Staatsrath hat, in Ausübung seiner
  Attributen, nur eine berathende Stimme | 
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| Siebenter
  Titel. | 
| 29ster Art | 
| Die Stände
  des Reichs sollen aus hundert Mitgliedern bestehen, welche durch die
  Departements-Collegien ernannt worden, nämlich: siebenzig werden gewählt aus
  der Classe der Grundeigenthümer, fünf zehn unter den Kaufleuten und
  Fabrikanten, und fünfzehn unter den Gelehrten und anderen Bürgern, welche
  sich um den Staat verdient gemacht haben.  Die Mitglieder der Stände bekommen keinen
  Gehalt | 
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| 30ster Art | 
| Sie sollen alle drey Jahre, zu einem
  Drittel, erneuert werden; die austretenden Mitglieder können unmittelbar
  wieder gewählt werden | 
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| 31ster Art | 
| Der Präsident der Stände wird vom Könige
  ernannt | 
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| 32ster Art | 
| Die Stände
  versammeln sich auf die vom Koenige anbefohlene Zusammenberufung.  Sie können blos durch den König
  zusammenberufen, prorogirt, vertagt und aufgelöset werden | 
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| 33ster Art | 
| Die Stände
  berathschlagen über die vom Staatsrathe verfaßten Gesetzes-Entwürfe, welche
  ihnen auf Befehl des Königs vorgelegt worden, sowohl über die Auflagen oder
  das jährliche Finanz-Gesetz, als über die im Civilgesetzbuche und im
  Münzsysteme vorzunehmenden Veränderungen.  Die
  gedruckten Rechnungen der Minister sollen ihnen alle Jahre vorgelegt werden.  Die Stände berathschlagen über die
  Gesetzes-Entwürfe im geheimen Scrutinium durch absolute Mehrheit der Stimmen | 
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| Achter Titel. | 
| 34ster Art | 
| Das Gebiet
  soll in Departemente, die Departemente in Districte, die Districte in
  Cantone, und diese in Municipalitäten eingetheilt werden. Die Zahl der
  Departemente soll weder unter acht, noch über zwölf seyn. Die Zahl der
  Districte soll in einem Departemente weder unter drey, noch über fünf seyn | 
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| Neunter Titel. | 
| 35ster Art | 
| Die
  Departemente sollen durch einen Präfekten verwaltet werden.  Es soll in jedem Departemente ein
  Präfekturrath für die streitigen Sachen, und ein General-Departementsrath
  seyn | 
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| 36ster Art | 
| Die Districte
  sollen durch einen Unterpräfekten verwaltet werden.  Es soll in jedem Districte oder in jeder
  Unterpraefektur ein Districts-Rath seyn | 
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| 37ster Art | 
| Jede Municipalität soll durch einen Maire
  verwaltet werden. Es soll in jeder Municipalitaet ein Municipal-Rath seyn | 
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| 38ster Art | 
| Die Mitglieder der
  General-Departements-Räthe, der Districts-Räthe und der Municipal-Räthe
  sollen alle zwey Jahre zur Hälfte erneuert werden | 
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| Zehnter Titel. | 
| 39ster Art | 
| Es soll in jedem Departemente ein
  Departements-Collegium gebildet werden | 
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| 40ster Art. | 
| Die Zahl der Mitglieder der
  Departements-Collegien soll durch die Zahl der Bewohner des Departements
  bestimmt werden, so daß ein Mitglied auf tausend Bewohner desselben kommt;
  doch darf die Zahl der Mitglieder nicht unter zweyhundert seyn | 
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| 41ster Art | 
| Die Mitglieder der Departements-Collegien
  sollen vom Könige ernannt und folgendermaßen gewählt werden, nämlich:  | 
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| 42ster Art | 
| Es kann niemand, der nicht volle 21 Jahre
  alt ist, zum Mitgliede eines Departements-Collegiums ernannt werden | 
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| 43ster Art | 
| Die Funktionen der Mitglieder der
  Departements-Collegien sind lebenslaenglich; es kann keines derselben anders,
  als durch einen Urtheilsspruch, entsetzt werden | 
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| 44ster Art | 
| Die
  Departements-Collegien sollen die Mitglieder der Stände ernennen, und dem
  Könige Candidaten für die Stellen der Friedensrichter,
  Departements-Districts- und Municipal-Raethe vorschlagen.  Für jede zu machende Ernennung sollen zwey
  Candidaten vorgeschlagen werden | 
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| Eilfter Titel. | 
| 45ster Art | 
| Der Codex Napoleon soll vom ersten Januar
  1808 an, das bürgerliche Gesetzbuch des Königreichs Westphalen seyn | 
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| 46ster Art | 
| Das gerichtliche Verfahren soll öffentlich
  seyn, und in peinlichen Fällen sollen die Geschwornen-Gerichte statt haben. Diese neue peinliche Jurisprudenz soll
  spätestens bis zum ersten Julius 1808 eingeführt seyn | 
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| 47ster Art | 
| In jedem Cantone soll ein Friedensgericht,
  in jedem Districte ein Civil-Gericht erster Instanz, und in jedem
  Departemente ein peinlicher Gerichtshof, und für das ganze Königreich ein
  einziger Appellations-Gerichtshof seyn. | 
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| 48ster Art | 
| Die Friedensrichter sollen vier Jahre lang
  im Amte bleiben und sollen sogleich darauf wieder gewählt werden können, wenn
  sie als Candidaten von den Departements-Collegien vorgeschlagen worden | 
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| 49ster Art | 
| Der gerichtliche Stand ist unabhängig | 
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| 50ster Art | 
| Die
  Richter werden vom Könige ernannt.  Ernennungen auf Lebenszeit sollen sie erst
  erhalten, wenn man, nachdem sie ihr Amt fünf Jahre lang werden verwaltet
  haben, überzeugt seyn wird, daß sie in ihren Ämtern beybehalten zu werden
  verdienen | 
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| 51ster Art | 
| Das
  Appellationsgericht kann auf die Denunciation des königlichen Prokurators
  sowohl, als auf jene eines seiner Präsidenten, vom Könige die Absetzung eines
  Richters begehren, welchen es in der Ausübung seiner Amtsverrichtungen einer
  Verletzung seiner Pflichten für schuldig hält.  In diesem einzigen Falle soll die
  Amtsentsetzung eines Richters vom Könige ausgesprochen werden können | 
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| 52ster Art | 
| Die
  Urtheile der Gerichtshoefe und Tribunale werden im Namen des Königs
  ausgesprochen.  Er allein kann Gnade ertheilen, die Strafe
  erlassen oder mildern. | 
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| Zwölfter
  Titel. | 
| 53ster Art | 
| Die Militair-Conscription soll Grundgesetz
  des Königreichs Westphalen seyn. Es dürfen keine Werbungen für Geld statt
  haben | 
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| Dreyzehnter
  Titel. | 
| 54ster Art. | 
| Gegenwärtige Constitution soll durch
  königliche, im Staatsrathe discutirte Verordnungen ergänzt werden | 
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| 55ster Art. | 
| Die
  Gesetze und Verwaltungs-Verordnungen sollen im Gesetz-Buelletin bekannt gemacht
  werden, und haben zu ihrer Verbindlichkeit keiner anderweiten
  Publications-Formalität nöthig.  
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| Napoleon | 
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| Auf Befehl des Kaisers,  | 
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| WIR
  HIERONYMUS NAPOLEON, von Gottes Gnaden und durch die Constitutionen König von
  Westphalen, französischer Prinz etc. etc.  nach
  Ansicht der Constitution des Königreichs Westphalen vom 15. November 1807,  befehlen,
  daß dieselbe in‘s Gesetz-Bülletin eingerückt und im ganzen Umfange des
  Königreichs bekannt gemacht werden soll.  Gegeben in
  Unserm königlichen Pallaste zu Napoleonshöhe am 1ten December 1807, im lsten
  Jahre Unsrer Regierung.  | 
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| Hieronymus
  Napoleon | 
|  | 
| Auf Befehl des Koenigs.
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